Am Montag, den 28.10.24, haben das Ökumenische Netz Rhein-Mosel-Saar und die pax christi Gruppe Koblenz einen offenen Brief an Bischof Ackermann zur Schulschließung in Boppard geschrieben. Der Brief problematisiert gesellschaftliche Krisenprozesse sowie unternehmerische Entwicklungen in den Kirchen – in diesem Fall im Bistum Trier:
Sehr geehrter Herr Bischof Ackermann,in der Rhein-Zeitung vom 28.9.24 wird berichtet, dass die Bischöfliche Realschule in Boppard geschlossen werden soll. Schülerinnen und Schüler sowie Eltern und Lehrer setzen sich für die Erhalt der Schule in kirchlicher Trägerschaft ein. Das Ökumenische Netz Rhein-Mosel-Saar und pax christi Koblenz unterstützt diesen Einsatz.
Schulen in kirchlicher Trägerschaft eröffnet der Kirche Möglichkeiten, einen Beitrag zur humanen Gestaltung gesellschaftlichen Zusammenlebens zu leisten. Dies scheint uns umso wichtiger als die gesellschaftlichen Krisenprozesse die zwischenmenschlichen wie gesellschaftlichen Grundlagen des Zusammenlebens bedrohen. Ins Zentrum der politischen Auseinandersetzungen werden Fliehende, aber auch Menschen, denen fehlende Arbeitsbereitschaft vorgeworfen wird, gerückt – ohne einen Gedanken über gesellschaftliche Zusammenhänge zu verlieren. Genau darin kommt das zum Ausdruck, was in den Bielefelder Studien zur Entwicklung des Rechtsextremismus in Deutschland „rohe Bürgerlichkeit“ und „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ genannt haben. Dies ist nur ein Zusammenhang, der deutlich macht, wie sehr es Aufgabe der Kirchen ist, solcher Normalität die in der jüdisch-christlichen Tradition verwurzelten Dimensionen der Sensibilität für die Schwachen und einer Nächstenlieben entgegenzustellen, in der auch die Fernsten zu Nächsten werden, weil alle Menschen über die Universalität des Gottesgedankens miteinander verbunden sind. „Nächstenliebe kennt keine Fremden.“ Das hat Erzbischof Koch dem katholischen Spitzenkandidaten der AfD in Brandenburg entgegengehalten, der gesagt hatte: „Da ich katholisch bin, bedeutet Nächstenliebe für mich, sich um die Angehörigen des eigenen Volkes zu kümmern.“ Darüber hinaus hatte Koch deutlich gemacht: „Auch für alle, die nicht an Christus glauben, sind die Achtung vor der unantastbaren gleichen Würde aller Menschen und die Bereitschaft zu einem gedeihlichen Miteinander unverzichtbare Voraussetzungen eines guten Lebens miteinander.“
Dies ist nur ein – wenn auch zentraler – Aspekt, von dem her deutlich werden soll, wie wichtig Schulen in kirchlicher Trägerschaft sein können, wenn sie fächerübergreifend und von der Gestaltung des Schulklimas her die humanen Grundlagen des gesellschaftlichen Zusammenlebens in den Mittelpunkt ihrer Konzeptionen stellen. Weitere Aspekte wären ein fächerübergreifender Unterricht, in dem nicht ‚Kompetenzen‘ im Mittelpunkt stehen, die der Verwertbarkeit von Menschen als ‚Humankapital‘ dienen oder Menschen als „unternehmerisches Selbst“ (U. Bröckling) fördern wollen, sondern von einem „solidarischen Menschsein“ ausgehen.
Im Gegensatz zu solchen Vorstellungen stehen kirchliche Haltungen, die in der RZ zitiert werden. Matthias Struth verteidigt – in der Sache durchaus richtig – kirchliche Schulen als „Exportschlager der Kirche von Trier“. Die Schließung der Schule – so in diesem Bericht – sei damit begründet worden, dass sie „ein Minusgeschäft“ sei. Hier kommen ökonomische Aspekte in einer Weise zur Geltung, in der die Kirche offensichtlich als nach dem Kosten-Nutzen-Kalkül handelnde „unternehmerische Kirche“ gesehen wird. Natürlich muss auch die Kirche nach der Finanzierbarkeit ihrer Projekte fragen. Diese ökonomische Frage ist aber etwas anderes als die Kirche von der marktkonformen Logik einer unternehmerische Kirche bestimmen zu lassen.
Im Blick auf den Dienst der Kirche in den sich zuspitzenden gesellschaftlichen Krisenlagen gibt es gute pastorale Gründe dafür, Schulen in kirchlicher Trägerschaft zu erhalten und weiterzuentwickeln. Dann kann umso mehr gelten, was eine Schülerin im Blick auf die Schließung ihrer Schule anmerkte: „Unsere Schule“ ist „viel mehr als eine normale Schule“.
Mit freundlichen Grüßen
Barbara Bernhof-Bentley, Herbert Böttcher und Brigitte Weber für den geschäftsführenden Vorstand des Ökumenischen Netzes sowie Egbert Wisser für die pax christi Gruppe Koblenz