Ökumenisches Mittagsgebet am 11.5. im Rahmen der Heilig-Rock-Tage 2025

Einführung:

Ich darf Sie und Euch herzlich zu dieser ökumenischen Mittagsandacht im Rahmen der Heilig-Rock-Tage begrüßen.

Wir kommen hier zusammen im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Wir wagen es, den Namen Gottes anzurufen, weil wir darauf vertrauen, also glauben, dass Gott nicht mit der Welt wie sie ist, verschmilzt. In biblischer Tradition rufen wir Gottes Wort in Erinnerung, das Grundlage unseres Glaubens ist. Gottes Wort stellt ein Geschehen dar: Gott zeigt sich als Retter und Befreier aus den Sklavenhäusern der Geschichte. Die Verkündigung seines Wortes, das unseren Glauben und unsere Taten prägen soll, geschieht heute in einer Zeit, in der die Welt von Krise zu Krise treibt und die Grundlagen allen Lebens immer mehr zerstört werden.

Gottes Wort markiert einen Gegensatz zwischen diesen herrschenden Verhältnissen und den Hoffnungen, die mit seinem Namen verbunden sind, nämlich Wege der Befreiung zu finden aus geschlossenen Weltverhältnissen und die Herzen zu öffnen gegenüber dem Leid von Menschen.

GL 422: Ich steh vor Dir mit leeren Händen, Herr

Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr;
fremd wie dein Name sind mir deine Wege.
Seit Menschen leben, rufen sie nach Gott;
mein Los ist Tod, hast du nicht andern Segen?
Bist du der Gott, der Zukunft mir verheißt?
Ich möchte glauben, komm mir doch entgegen.

Aus dem Evangelium nach Lukas (Lk 1,39-44):

In diesen Tagen machte sich Maria auf den Weg und eilte in eine Stadt im Bergland von Judäa. Sie ging in das Haus des Zacharias und begrüßte Elisabet. Und es geschah, als Elisabet den Gruß Marias hörte, hüpfte das Kind in ihrem Leib. Da wurde Elisabet vom Heiligen Geist erfüllt und rief mit lauter Stimme: Gesegnet bist du unter den Frauen und gesegnet ist die Frucht deines Leibes. Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt? Denn siehe, in dem Augenblick, als ich deinen Gruß hörte, hüpfte das Kind vor Freude in meinem Leib. Und selig, die geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ.

Unser Text lenkt den Blick auf die Begegnung der Mutter Johannes des Täufers mit der Mutter Jesu. In Elisabeth und Maria begegnen sich gewissermaßen Altes und Neues Testament, die befreienden Hoffnungen Israels und Gottes Antwort im Messias Jesus. An der Stellung der beiden Frauen in der damaligen patriarchalen Gesellschaft lässt sich dieser Gott erkennen: es sind Frauen, die an den Rand gedrängt sind. An ihrer Seite steht Gott.

Elisabeth war lange kinderlos geblieben. Kinderlosigkeit galt in jener patriarchalen Gesellschaft als Schande. Mit der Geburt des Johannes wird die Schande von Elisabeth weggenommen. Sie wird aus ihrer Erniedrigung befreit. Zugleich steht die Schwangerschaft von zunächst kinderlosen Frauen in der Geschichte Israels für die Erfahrung, dass Israels Gott immer wieder neu verschlossene Gewaltverhältnisse schöpferisch aufbricht.

Auch die Jungfräulichkeit Marias steht symbolisch für Israel, das zur Zeit der Abfassung des Lukasevangeliums im ersten Jahrhundert n.Chr. unter römische Gewaltherrschaft unterworfen ist. Israel hat zu jener Zeit nach dem jüdisch-römischen Krieg die Macht Roms besonders leidvoll zu spüren bekommen: Der Tempel ist zerstört und alle Juden aus Jerusalem vertrieben. Dass gerade jetzt ein neuer Aufbruch, symbolisiert in der Schwangerschaft Marias, möglich ist, scheint unglaublich. Die Macht Roms scheint das ‚letzte Wort‘ zu haben. Aber genau dagegen steht im Lukasevangelium die mit dem Messias schwangere Maria. Die Jungfrau ist „in Hoffnung“. In der Kraft des Heiligen Geistes wird diese Jungfrau schwanger, wodurch die versklavende und patriarchale Herrschaft durchbrochen wird.

Mit diesen Hoffnungen auf einen Bruch mit Herrschaftsverhältnissen, die auch aktuelle gesellschaftliche Verhältnisse in Frage stellen, können viele Menschen, die sich für ‚aufgeklärt‘ halten, nichts anfangen. Sie halten sich lieber an die Realität, passen sich ihr an. Real aber ist die Katastrophe. Sie zeigt sich in sozialen Spaltungen von arm und reich, in ökologischen Zerstörungen, in autoritärer und militaristischer Politik und individuell in zunehmenden Überforderungen mit psychischen Folgen. Gegen all das aufzustehen, dass die globale Katastrophe nicht das letzte Wort hat, dazu ermutigen die Verheißungen, die mit dem Namen Gottes verbunden sind.

In dem von Elisabeth gepriesenen Glauben Marias, „dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ“, spannt sich ein Bogen von der Offenbarung des Gottesnamens im Zusammenhang der Befreiung aus der Knechtschaft Ägyptens, über Gottes Barmherzigkeit und Treue in der Geschichte des Volkes Israel bis hin zu Kreuz und Auferweckung des Messias Jesus. Im Vertrauen auf diesen Gottesnamen können Christinnen und Christen die Kraft finden, sich kritisch mit den tödlichen Herrschaftsverhältnissen der Gegenwart auseinander zu setzen und mutig der Herrschaft des patriarchalen Kapitalismus zu widerstehen. Dies war auch Anliegen des verstorbenen Papstes Franziskus. Im Gedenken an seinen Dienst an den Schwächsten, den auch sein Nachfolger hoffentlich weiterführen wird, sollten sich Christinnen und Christen auch nicht von einer Bundestagspräsidentin aus einer vermeintlich christlichen Partei den Mund verbieten lassen.

GL 847: Wenn Glaube bei uns einzieht

Wenn Glaube bei uns einzieht, öffnet sich der Horizont. Wir fangen an

zu leben, weil der Himmel bei uns wohnt.

Wenn Glaube bei uns einzieht, öffnet sich der Horizont. Wir fangen an zu leben, weil der Himmel bei uns wohnt.

Abschlussgebet:

Bringen wir die Hoffnung auf Befreiung von Herrschaft, auf die Rettung für die Opfer von Unrecht und Gewalt und mit ihnen für alle Lebenden und Verstorbenen mit dem Gebet vor Gott, das der Jude Jesus aus seiner Tradition heraus uns gelehrt hat; Lasst uns beten:

A Vater unser im Himmel…

Abschlusssegen:

V Der Herr segne uns,

er bewahre uns vor Unheil

und führe uns zum Ewigen Leben.

A Amen.

Orgelspiel zum Schluss

Dominic Kloos, Trier, 11.5.25