Viele Weihnachtsbäume sind zwar schon entsorgt. Für Christen geht die Weihnachtszeit aber erst an diesem Sonntag mit dem Fest der Taufe Jesu zu Ende. Damit ist ein Bogen geschlagen von dem neugeborenen Kind zu dem erwachsenen Jesus. Nach der Tradition des Propheten Jesaja ist er gesandt, „Licht für die Völker zu sein: blinde Augen zu öffnen, Gefangene aus dem Kerker zu holen… (Jes 42,6). Als „Licht für die Völker“ leuchtete er die Finsternis der römischen Herrschaft aus. Er stellte sich an die Seite derer, die unter dieser Herrschaft gefangen waren; öffnen wollte er die Augen derer, die für die Verhältnisse blind waren. Diese Sendung war so konfliktträchtig, dass sie ihn ans Kreuz der Römer brachte.
Konfliktträchtig ist sie auch heute, konfrontiert sie doch mit der Blindheit einer Gesellschaft, die von einer Klimakatastrophe nichts wissen will. Dabei ist die Durchschnittstemperatur bereits an die Grenze gestiegen, an der die Folgen der Erderwärmung noch als beherrschbar gelten. Dennoch spielt das im Wahlkampf keine ernsthafte Rolle. Stattdessen wird Klimaschutz als Schreckgespenst in Stellung gebracht. Er bedrohe Wirtschaft und Wohlstand, also die Normalität der kapitalistischen Verhältnisse, führe zu Gängelung und Bevormundung… Als „Mutter aller Probleme“ (Seehofer) haben die Parteien Migration ausgemacht. Dafür dass die weltweite Zerstörung der Lebensgrundlagen ein zentraler Faktor für Migration ist, sind sie blind oder stellen sich blind. Das Fest der Taufe Jesu könnte Christen an ihre Sendung erinnern, an der Seite derer, die jetzt schon Gefangene der Klimakatastrophe sind, die gesellschaftlichen Verhältnisse auszuleuchten und politische Blindheit ins Licht zu rücken.
Herbert Böttcher, Pastoralreferent i.R.
(zuerst veröffentlicht in: Lokalanzeiger, 11./12.1.25, „Gedanken zum Sonntag“)