Gottesdienst 33. Sonntag im Jahreskreis (C) 2025 (Mal 3/Lk 21): „Ich glaub nix, mir fehlt nix!“ – und die Kirche wird überflüssig?

Kyrie

Jesus Christus, unser Bruder und Herr,

Für uns Menschen und zu unserem Heil bist du Mensch geworden.

Herr, erbarme dich!

Du wurdest gekreuzigt unter Pontius Pilatus.

Christus, erbarme dich!

Du hast Israels Gott die Treue gehalten, der hinausführen will aus den Sklavenhäusern der Geschichte, aus Leid und Tod.

Herr, erbarme dich!

Vor den Lesungen

Im Jahr 325, also genau vor 1700 Jahren, fand das Konzil von Nicäa statt. Gestritten wurde darüber, ob Jesus Gott gleich oder nur ähnlich sei. Dass er – wie das Konzil dann formulierte – „eines Wesens mit dem Vater“ ist, bekennen wir noch heute in unserem Glaubensbekenntnis. Das Glaubensbekenntnis von Nicäa ist für uns Anlass dafür, heute und im kommenden Kirchenjahr in den Gottesdiensten immer wieder Aspekte des Glaubensbekenntnisses aufzugreifen. Darin geht es um die grundlegenden Fragen nach Gott, nach dem Messias Jesus und dem Geist, der von beiden ausgeht und uns sendet, heute die Wege von Israels Gott und seinem Messias zu gehen. So sind wir herausgefordert, den Glauben, der uns überliefert ist, neu zu buchstabieren in unsere Zeit und Gesellschaft. Nur so kann die befreiende Kraft dieses Glaubens deutlich werden, der darauf ausgerichtet ist, dass Menschen, vor allem die Letzten, leben können und nicht dem Tod ausgeliefert werden.

Lesung: Mal 3,13-21

Hinführung

Der Einfluss vor allem griechischer Großmächte hat in Israel dazu geführt, dass Teile der Oberschicht deren Lebenseinstellung übernahm. Ihre Haltung war geprägt von wirtschaftlichem Erfolg und Reichtum. Dabei gerieten die Armen unter die Räder und waren dem Tod ausgeliefert. Der Prophet Maleachi sieht darin den Verrat an Israels Gott der Befreiung. Er will Gerechtigkeit, damit alle leben können. Das geht aber nur, wenn zuerst den Armen Gerechtigkeit widerfährt. Maleachi kündigt das Ende der herrschenden Machtverhältnisse an. Dann kann die „Sonne der Gerechtigkeit“ aufgehen.

TEXT:

13 Was ihr über mich sagt, ist kühn, / spricht der HERR. Doch ihr fragt: Was sagen wir denn über dich? 14 Ihr sagt: Es hat keinen Sinn, Gott zu dienen. / Was haben wir davon, wenn wir auf seine Anordnungen achten und vor dem HERRN der Heerscharen / in Trauergewändern umhergehen? 15 Darum preisen wir die Überheblichen glücklich, denn die Frevler haben Erfolg; / sie stellen Gott auf die Probe und kommen doch straflos davon. 16 Darüber redeten die miteinander, die den HERRN fürchten. / Der HERR horchte auf und hörte hin. Und man schrieb vor ihm ein Buch, das alle in Erinnerung hält, / die den HERRN fürchten und seinen Namen achten. 17 Sie werden an dem Tag, den ich herbeiführe / – spricht der HERR der Heerscharen -, mein besonderes Eigentum sein. Ich werde gut zu ihnen sein, / wie ein Mann gut ist zu seinem Sohn, der ihm dient. 18 Dann werdet ihr wieder den Unterschied sehen zwischen dem Gerechten und dem Frevler, / zwischen dem, der Gott dient, und dem, der ihm nicht dient. 19 Denn seht, der Tag kommt, er brennt wie ein Ofen: / Da werden alle Überheblichen und alle Frevler zu Spreu und der Tag, der kommt, wird sie verbrennen, / spricht der HERR der Heerscharen. Weder Wurzel noch Zweig wird ihnen dann bleiben. 20 Für euch aber, die ihr meinen Namen fürchtet, / wird die Sonne der Gerechtigkeit aufgehen / und ihre Flügel bringen Heilung. Ihr werdet hinausgehen und Freudensprünge machen / wie Kälber, die aus dem Stall kommen. 21 Und ihr werdet die Ruchlosen zertreten, / sodass sie unter euren Fußsohlen zu Asche werden, an dem Tag, den ich herbeiführe, / spricht der HERR der Heerscharen. 

Zwischengesang

Evangelium: Lk 21,5-19

5 Als einige darüber sprachen, dass der Tempel mit schön bearbeiteten Steinen und Weihegeschenken geschmückt sei, sagte Jesus: 6 Es werden Tage kommen, an denen von allem, was ihr hier seht, kein Stein auf dem andern bleibt, der nicht niedergerissen wird. 

7 Sie fragten ihn: Meister, wann wird das geschehen und was ist das Zeichen, dass dies geschehen soll? 8 Er antwortete: Gebt Acht, dass man euch nicht irreführt! Denn viele werden unter meinem Namen auftreten und sagen: Ich bin es! und: Die Zeit ist da. – Lauft ihnen nicht nach! 9 Wenn ihr von Kriegen und Unruhen hört, lasst euch nicht erschrecken! Denn das muss als Erstes geschehen; aber das Ende kommt noch nicht sofort. 10 Dann sagte er zu ihnen: Volk wird sich gegen Volk und Reich gegen Reich erheben. 11 Es wird gewaltige Erdbeben und an vielen Orten Seuchen und Hungersnöte geben; schreckliche Dinge werden geschehen und am Himmel wird man gewaltige Zeichen sehen. 12 Aber bevor das alles geschieht, wird man Hand an euch legen und euch verfolgen. Man wird euch den Synagogen und den Gefängnissen ausliefern, vor Könige und Statthalter bringen um meines Namens willen. 13 Dann werdet ihr Zeugnis ablegen können. 14 Nehmt euch also zu Herzen, nicht schon im Voraus für eure Verteidigung zu sorgen; 15 denn ich werde euch die Worte und die Weisheit eingeben, sodass alle eure Gegner nicht dagegen ankommen und nichts dagegen sagen können. 16 Sogar eure Eltern und Geschwister, eure Verwandten und Freunde werden euch ausliefern und manche von euch wird man töten. 17 Und ihr werdet um meines Namens willen von allen gehasst werden. 18 Und doch wird euch kein Haar gekrümmt werden. 19 Wenn ihr standhaft bleibt, werdet ihr das Leben gewinnen. 

Predigt: „Ich glaub nix, mir fehlt nix!“ und die Kirche wird überflüssig?

„Ich glaub nix, mir fehlt nix!“. Gemeint ist: Mir fehlt nix, wenn ich nicht an Gott glaube. Gott ist – wie Umfragen bestätigen – den meisten Menschen schlicht egal. Das macht auch die Kirche ratlos. Woran soll sie in ihrer Verkündigung anknüpfen? Seit Jahren sucht sie Anschluss an das Bedürfnis nach esoterischer Spiritualität, nach individuellem Trost und Halt, nach unterhaltsamen Events. Alles soll leicht und beschwingt sein. Damit aber lässt sich die Fremdheit eines personalen Gottes, der die Welt übersteigt, nicht beseitigen. Andere setzen auf eine bessere Kirche. Liberale wollen klerikale und autoritäre Strukturen überwinden. Alle Gläubigen sollen am Leben der Kirche teilhaben und mitentscheiden können. Konservative fordern: Zurück zu klaren Regeln für Sexualität und Familie, Klarheit im Glauben. Unterschiedliche Formen sexuellen Zusammenlebens,   Aufweichung der Moral und Diskussionen um den Glauben erscheinen ihnen als Teufelszeug. Die Grabenkämpfe sind so verrückt wie aussichtslos. Mit Strategien, die Kirche zu optimieren – egal ab liberal oder konservativ – lässt sich die Gleichgültigkeit gegenüber Gott nicht aus der Welt schaffen.

Was soll die Kirche tun? Helfen könnte ein Satz aus dem Glaubensbekenntnis. Da heißt es „Für uns Menschen und zu unserem Heil“ ist Jesus Mensch geworden, und: „Für uns hat er gelitten“ und wurde „gekreuzigt“. Darin steckt eine Menge Zündstoff. Mit „für uns Menschen“ sind nicht einfach die in der Kirche versammelten Gläubigen gemeint. Es geht also nicht um die Kirche, sondern um Menschen gemeint, die zur Kirche gehören, aber nicht voneinander isolierte Individuen, sondern Menschen, die mit allen Menschen in der einen Welt verbunden sind. Zu korrigieren wäre also die Fixierung auf die Kirche; denn wenn sich die Kirche um sich selber dreht, kommen die Menschen außerhalb der Kirche nur unter dem Aspekt ihrer Erreichbarkeit für kirchliche Zwecke in den Blick. Jesu erster Blick hingegen galt den Menschen, die unter den herrschenden Verhältnissen zu leiden hatten, die arm und hungrig, blind und stumm gemacht, erniedrigt und ausgegrenzt wurden. Dieser Blick war verwurzelt in seinem Glauben an Israels Gott, der hinhört auf Schreie aus den Sklavenhäusern und hinsieht auf Verhältnisse wie damals in Ägypten und wie unter der Herrschaft Roms zur Zeit Jesu. Wer an einen Gott glaubt, der nicht über den Verhältnissen schwebt, gerät mit den Verhältnissen in Konflikt. So hat Jesus gelitten und wurde gekreuzigt, und zwar „unter Pontius Pilatus“, also unter der Herrschaft Roms – wie das Glaubensbekenntnis betont. Wenn Gott in Jesus Mensch geworden ist, dann ist er nicht Mensch im Allgemeinen geworden, sondern ein gekreuzigter Jude und auch nicht allgemein in der Zeit, sondern in einer bestimmten Zeit, eben „unter Pontius Pilatus“.

Dieser Zeitvermerk macht deutlich, dass es keinen zeitlosen Glauben gibt. Er ist mit der Geschichte verbunden, also mit dem, was in der Zeit geschieht. In der Bibel ist Zeit etwas anderes als das, was die Griechen darunter verstanden. Sie nannten die Zeit Chronos. Sozusagen chronologisch fließt die Zeit dahin, in einer ewigen Folge von Ereignissen, ohne dass etwas grundlegend Neues geschieht. Alles steht schon in den Sternen. D.h. der ewige Fluss der Zeit ist Ausdruck einer ewigen kosmischen Ordnung. Zu dieser Ordnung gehören die Kreisläufe von Leben und Sterben, Sklaven, die sich gegen die Ordnung erheben, und Herren, die sie wiederherstellen. Im Kern ist die Geschichte nichts anderes als die Wiederkehr des Gleichen in einer ewigen Zeit. Entsprechend ist Chronos für die Griechen ein Gott, nämlich der Gott der Zeit.

Die Bibel spricht von Zeit als Kairos. Gemeint ist: Die Zeit ist reif für etwas Neues. Der ewige und gleichgültige Fluss der Zeit soll unterbrochen werden. Es soll nicht so weitergehen. Etwas Neues soll Wirklichkeit werden. Das Neue hat einen Inhalt: Gott. Es ist dadurch geprägt, dass Gott die Schreie der in der Zeit Versklavten hört und er die Zeit der Versklavung beenden will. An den Anfang seiner Verkündigung stellt Jesus den Satz: „Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um, und glaubt an das Evangelium!“ (Mk 1,15). Paulus schreibt: „Als die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn…“ (Gal 4,4). Das Maß des Leidens ist voll, die Zeit ist reif für Umkehr, dafür, dass die „Sonne der Gerechtigkeit“ (Mal 3,29) aufgeht: Der ewige Fluss gleichgültiger Zeit wird unterbrochen. Etwas Neues bricht ein. Die Welt soll anders werden: arm und hungrig Gemachte sollen satt, Erniedrigte aufgerichtet, Herrschaft und Gewalt beendet werden. Blind Gemachte sehen, stumm Gemachte reden. Nicht das soll geschehen, was Herrschaft gebietet, sondern was der Name Gottes beinhaltet. Deshalb beten wir: Geheiligt werde dein Name, dein Reich komme. Dein Wille geschehe – bis in einem neuen Himmel und einer neuen Erde endlich jene Befreiung Wirklichkeit geworden ist, die mit dem Namen Gottes verbunden und in Jesu Leben, Kreuz und Auferweckung bereits begonnen hat.

Im heutigen Evangelium heißt es: „Die Zeit ist da“ (21,7). Auch hier geht es nicht um die Zeit, die gleichgültig dahinfließt und sich von Leichen und Katastrophen nicht irritieren lässt. Was Menschen in der Zeit, die für Lukas „da“ ist, erleiden, wird sichtbar: die Zerstörung des Tempels durch Rom, verbunden mit Kriegen und Unruhen, Seuchen und Hunger, Unterdrückung und Verfolgung, Vertreibung und Flucht… Mit dem Rücken dazu lässt sich das Evangelium nicht verkünden. Nur wenn sichtbar und hörbar ist, was in der Zeit an Leid und Katastrophen „da“ ist, können eskalierende Kreisläufe des Todes unterbrochen, kann Neues möglich werden: Befreiung statt Knechtschaft, Leben statt Tod. Deshalb kommt es darauf an, wachsam gegenüber denen zu sein, die sich als Messias ausgeben, aber Menschen opfern und die Illusion verbreiten, alles könne dann weitergehen wie bisher, heute wenn Fliehende abgeschoben und Armen der Brotkorb noch höher gehängt wird. Was dann weitergeht, ist eine Zeit, die über Leichen geht und in immer größere Katastrophen treibt. Der Messias Jesus unterscheidet sich von einem falschem Messianismus, der Rettung predigt, aber Tod schafft. Er sieht die Opfer und hört ihre Schreie, steht an ihrer Seite und setzt sein Leben dafür ein, dass Verhältnisse, an denen Menschen zugrunde gehen, nicht  weitergehen und Gottes Herrschaft und mit ihr das Ende der Herrschaft des Todes sich den Weg bahnen kann.

Solange die Kirche sich um sich selbst dreht, wird sie Gott verfehlen. Wenn sie darauf aus ist, Gott als religiöses Produkt abzusetzen, verliert sie die Inhalte aus dem Blick, die mit dem Namen Gottes verbunden sind. Sie sagt nicht, von welchem Gott sie redet, unterscheidet also nicht zwischen dem biblischen Gott und dem was gesellschaftlich als religiös verbrämte säkulare Götzen daher kommt. Sie lassen die Verhältnisse als alternativlos erscheinen. Oder: Mit diffus Religiösem wird Kritik beschwichtigt, sollen Krisen und Katastrophen in ‚positivem Denken‘ weg-gedacht werden. Das Hirn wird vernebelt und die Welt verschwindet in esoterischen Halluzinationen. Bei dem Gott der Bibel geht es um die reale Welt, darum, wie Menschen in ihr zusammenleben und um Verhältnisse, unter denen sie zu leiden haben. Papst Franziskus hat es so gesagt: Gott „hat sich in diese Welt inkarniert, in diese Welt voller Konflikte, Ungerechtigkeiten und Gewalt, aber auch voller Hoffnungen… Deshalb haben wir keinen anderen Ort, ihn zu suchen als in dieser konkreten Welt…“[1] Wenn es der Kirche um Gott geht, muss sie ihn von Götzen unterscheiden und ihn zuerst in der Welt suchen, inmitten von Verhältnissen, in denen Menschen nach Brot und nach Rettung schreien. Früher hieß es: ‚Außerhalb der Kirche kein Heil‘. Heute müssen wir präzisieren: ‚Außerhalb der Welt kein Heil‘. Und: ‚Außerhalb der Welt keine Kirche‘. Heil in der Welt kann es nur geben, wenn der leere Fluss der Zeit unterbrochen wird, durch eine Zeit die inhaltlich bestimmt ist von der Rettung aus vernichtenden Verhältnissen. Eine solche Zeit ist nicht Chronos, sondern Kairos, Zeit der Umorientierung auf eine heilende und rettende ‚Zeitenwende‘.

Dafür hätte die Kirche einzutreten – um der Menschen und ihres Heiles willen, ohne dabei auf sich selbst zu schielen. Das aber ist nur möglich, wenn sie nicht zeitlos von Gott redet, sondern die Botschaft von Israels Gott und seinem Messias hinein buchstabiert in unsere Zeit und es wagt, diese Zeit samt ihrer Götzen beim Namen zu nennen und sie zu analysieren als kapitalistische Zeit, die in ihren Krisen über Leichen geht und den Globus in den Abgrund treibt. Das wird – wie auch bei Jesus – in Konflikte führen, in einen säkular ausgetragenen Streit um Gott und in der Gesellschaft wirkmächtige Götzen. Unser heutiges Evangelium erzählt davon, wie Christen zu Zeiten Roms vor „Könige und Statthalter“ gebracht wurden. Im Vertrauen auf den Messias Jesus blieben sie „standhaft“. Sie bezeugten ihre Solidarität mit den Opfern römischer Gewaltherrschaft. Auch die Kirche heute darf darauf vertrauen, dass sie die Kraft findet, in Solidarität mit bedrohten Menschen und mit der bedrohten Schöpfung für eine messianische Zeitenwende einzutreten und darin auf säkulare Weise Zeugnis zu geben von Gott und seinem Messias. Auch heute gilt: „Bleibt standhaft, und ihr werdet das Leben gewinnen“ (Lk 21,19).

Glaubensbekenntnis sprechen

Fürbitten

Guter Gott, du hast dein Volk aus Ägypten befreit und den gekreuzigten Jesus auferweckt. Darin hast du uns Wege der Befreiung und des Lebens eröffnet. Wir bitten dich für diejenigen, die unter den heutigen Krisen leiden und sterben:

für alle, denen die Klimakrise die Grundlagen des Lebens zerstört, für Menschen, die bei Überschwemmungen um ihr Leben kommen, für diejenigen, die in ihrer Heimat nicht mehr leben können, weil ihnen Grund und Boden genommen ist, für alle, die nur noch die Möglichkeiten sehen zu fliehen:

um mutige Entscheidungen bei der Weltklimakonferenz, um Einsicht und Bereitschaft zur Umkehr, um Verständnis und Gastfreundschaft für Fliehende

Du Gott der Gerechtigkeit und des Friedens

für Menschen, die in Deutschland ihren Lebensunterhalt nicht mehr bezahlen können, für diejenigen, die von Kürzungen der Hilfen zum Lebensunterhalt und Repressionen bedroht sind, für Obdachlose, Fliehende, Alkohol- und Drogenkranke, die statt Hilfe zu erfahren aus dem Stadtbild verschwinden sollen:

um Verständnis für Menschen in Not, um Menschen, die sich an ihre Seite stellen, um Christen und Kirchen, die nicht wegsehen und schweigen, sondern den Mund aufmachen

Du Gott der Gerechtigkeit und des Friedens

für die Bevölkerung im Sudan, die im Zusammenbruch gesellschaftlicher Strukturen dem Terror islamistischer Banden ausgeliefert ist, für Afghanen, die unter den Taliban zu leiden haben, für Syrer, deren Land zerstört ist, für Palästinenser, die unter den Folgen des Kriegs leiden und Angst haben vor neuem Krieg:

um Solidarität und Frieden, um Hilfen für Menschen, die um ihr Leben kämpfen, um Hilfen für Traumatisierte, um Analyse und Kritik der Verhältnisse, die zu Gewalt und in Feindschaft treiben

Du Gott der Gerechtigkeit und des Friedens

für Israel und Juden weltweit, die von Vernichtung bedroht sind, für Juden in unserem Land, die antisemitischen Beleidigungen und Anschlägen ausgesetzt sind:

um Erinnerung an das, was Juden in der Geschichte zu erleiden hatten, um kritisches Nachdenken und Umkehr, um Menschen, die sich gegen Antisemitismus zur Wehr setzen

Du Gott der Gerechtigkeit und des Friedens

für Kirchen, die sich oft um sich selbst drehen:

um Öffnung des Blicks für Menschen in Not und die kapitalistische Welt in ihrer ausweglosen Krise, um kritische Analyse, Mut zur Wahrheit und zu prophetischer Kritik, um die Kraft des Geistes, der sie sendet, Wege der Nachfolge des gekreuzigten Messias zu gehen:

Du Gott der Gerechtigkeit und des Friedens

für Britta Materna, die sich für Gerechtigkeit eingesetzt hat, die Armut krank gemacht und zu ihrem vorzeitigen Tod beigetragen hat, für ihre Mutter, die um sie trauert, für alle, die eines vorzeigen Todes sterben müssen:

um Menschen, die sich von ihrem Schicksal berühren lassen, um Solidarität mit den Lebenden und um Hoffnung für die Toten, um einen neuen Himmel und eine neue Erde

Du Gott der Gerechtigkeit und des Friedens

Guter Gott, lass geschehen, was du mit deinem Namen versprochen hast. Lass dein Reich kommen und die Sonne der Gerechtigkeit aufgehen – für die lebenden und die Toten.   

Texte: Herbert Böttcher, Kapelle des Heinrichhauses in Neuweid-Engers (15./16.11.2025)

[1]     Botschaft von Papst Franziskus zum 100. Jahrestag der Theologischen Fakultät der Katholischen Universität von Argentinien, zitiert nach Gustavo Gutiérrez, Der Gott des Lebens, Innsbruck – Wien 2022, 28.