Autoritäre Gefahr und die Bitte um Spenden!

Liebe Netz-Mitglieder und -Sympathisant*innen!

Es ist schon ‚verrückt‘: Je drastischer die Krisenprozesse voranschreiten, desto schärfer wird eine kritische Reflexion abgewehrt, die auf das Ganze der einbrechenden Verhältnisse ausgreift, und als Denken im Elfenbeinturm aggressiv attackiert. Das ist kein Zufall. Im Blick auf die Anfang des 20. Jahrhunderts sich – verbunden mit Faschismus und Kriegsgefahr – zuspitzende Krise des Kapitalismus hatte Walter Benjamin davon gesprochen, der „Ausnahmezustand“ werde angesichts der Krisen zum ‚Normalzustand‘.

‚Normalität‘ scheint heute das zu sein, woran sich Menschen in der Krise klammern. Das zeigte sich bereits in den „autoritären Versuchungen“, die Wilhelm Heitmeyer in seinen Untersuchungen als „Signaturen der Bedrohung“ im Zusammenhang mit eskalierendem Hass auf Fremde und Schwache analysiert hatte. Innerhalb weniger Jahre ist ‚Autoritarismus‘ zu einem weltweiten Kennzeichen politischen Handelns geworden. Mit autoritären Mitteln soll die ‚Normalität’ gesichert werden. Zu Feinden drohen alle zu werden, die sich dieser Normalität nicht einfügen – seien es Fliehende, Menschen mit Anspruch auf Grundsicherung oder auch Menschen, die aufgrund ihrer Hautfarbe oder sexuellen Orientierung nicht in das Schema der zu sichernden Normalität passen, sowie immer wieder ‚die Juden‘, die als ‚Herren‘ des Geldes und des Geistes als besonders gefährlich erscheinen. Die Situation ist wirr und verwirrend: Auf aggressive Abwehr stoßen soziale Gleichheit ebenso wie kulturelle Verschiedenheit und in allem kritisch theoretisches Nachdenken. Letzteres steht dem Bedürfnis entgegen, unmittelbar Feinde und Bedrohungen auszumachen, um schnell handeln zu können.

Als Netz stellen wir uns dem entgegen. Dazu treibt uns die dem Kapitalismus innewohnende ‚Unmenschlichkeit‘, die über Leichen geht – immer schon und eskalierend in einer Krise, die immanent nicht mehr zu bewältigen ist. Grund dafür ist bekanntlich, dass der Kapitalismus – vermittelt über die Konkurrenz – mehr Arbeit und damit die Quelle von Wert- und Mehrwert durch neueste Technologien entsorgen muss als durch Ausweitung von Produktion und Märkten kompensiert werden kann. Um dies zu erkennen und auf den Kapitalismus überwindenden Auswegen zu bestehen, braucht es eine Reflexion, die das, was aktuell geschieht, im Zusammenhang des Ganzen der gesellschaftlichen Entwicklungen zu verstehen sucht und daraus Orientierungen für Haltungen und Handlungen gewinnt. Als Netz bringen wir unsere gesellschaftskritische Reflexion mit der Erinnerung an die biblischen Traditionen der Befreiung in Verbindung. Die daraus erwachsende Kraft zum Widerstehen und darin zur Hoffnung ist lebendig in der Reflexion biblischer Texte wie in der liturgischen Feier dieser Traditionen.

Nun sind wir nicht nur mit dem autoritär-aggressiven gesellschaftlichen Gegenwind und oft auch kirchlicher Ignoranz konfrontiert. Uns geht auch das Geld aus – auch das ist der ‚Logik‘ des Krisenprozesses geschuldet. Er stößt auf den unterschiedlichen Ebenen auf Grenzen – und an manchen Stellen auch auf den Willen – der Finanzierbarkeit. Überall muss gespart werden – nicht zuletzt an Geldern, mit denen wir unser Engagement finanzieren konnten.

Ein wesentliches Instrument unseres Engagements war die Finanzierung unserer hauptamtlichen Stelle. Dominic hat sie mit ‚Herzblut‘ und hohem Engagement – im wörtlichen Sinne – ‚ausgefüllt‘. Das gilt auch und erst recht für die letzten Jahre, in denen das Engagement immer schwieriger und vor allem die institutionellen Finanzquellen immer spärlicher flossen – und damit die bezahlten Stunden immer weniger wurden. Einiges konnte durch großzügige private Spenden aufgefangen werden. Jetzt aber sind die Grenzen insofern erreicht, dass wir im Lauf des kommenden Jahres voraussichtlich die Stelle aufgeben und unser Engagement ohne eine solche Unterstützung neu ausrichten müssen. Für unverzichtbar halten wir weiterhin die Veröffentlichung von gesellschaftskritischen und theologischen Inhalten in Form von Texten und Veranstaltungen, die helfen, die Krisenprozesse besser zu verstehen. Auch wollen wir weiter mittels Stellungnahmen und auch Aktionen intervenieren sowie – wo uns möglich – Hilfen für Menschen in Not organisieren. Wie das gehen kann, darüber werden wir in den nächsten Monaten weiter intensiv zu sprechen haben. Das werden wir zusammen mit Dominic tun, der auch als ehrenamtlich Engagierter mit seiner ganzen Leidenschaft und inhaltlichen Kompetenz dem Netz treu bleiben wird.

Aktuell geht es uns vor allem darum, Dominics Stelle bis zu seinem Übergang in eine neue berufliche Stellung zu finanzieren. Wir wollen es wenigstens möglich machen, dass er bis Sommer auf der bereits bestehenden geringen Stundenbasis sozialversichert angestellt bleiben kann. Dann kann er nach Abschluss seines berufsbegleitenden Studiums auf eine neue Stelle wechseln. Um dies abzusichern, benötigen wir in diesem Jahr noch 1000 EUR und im kommenden min. 15.000 EUR an Spenden zusätzlich zu den bereits zugesagten Zuschüssen und Mitgliedsbeiträgen. Daher bitten wir besonders dringlich darum, uns durch Spenden und (Förder-)Mitgliedschaften zu unterstützen und zugleich zu überlegen, wen Sie und Ihr auf eine Unterstützung noch ansprechen könnten.

Für den Netz-Vorstand: Barbara Bernhof-Bentley, Herbert Böttcher und Brigitte Weber, Koblenz, Oktober 2025