Mit bürgerlicher Religion gegen christlichen Dogmatismus? Zu einer zu kurz springenden Religionskritik

Text von H. Böttcher zum pdf-Download

„Religion widerspricht per Definition der Vernunft.“ So leitet Klaus Ungerer seinen auf nd-aktuell zu Ostern 2025 veröffentlichten Text „Kritik der Auferstehung“[1] ein. Seine so eingängig wirkende Definition verrät aber bereits ein recht einfältig-positivistisches Verständnis von Vernunft. Spätestens seit der ‚Dialektik der Aufklärung‘ und dem von Vertretern der kritischen Theorie ausgefochtenen Positivismusstreit dürfte sich herumgesprochen haben, dass sich Vernunft so simpel nicht ‚händeln‘ lässt. Gewährsmann seiner Kritik im Namen der Vernunft ist der von ihm gepriesene Hermann Samuel Reimarus. Der wiederum kritisierte christlichen Dogmatismus auf der Basis der von ihm vertretenen „natürlichen Religion“. Deren Grundlage ist die Autonomie der Vernunft und deren praktische Anwendung. Fällt „natürliche Religion“ nicht unter das Verdikt „widerspricht per Definition der Vernunft“ oder weiß Ungerer nicht, welchen Gewährsmann er abfeiert? Wie auch immer, Reimarus positioniert seine universale Religion der Vernunft sowohl gegen den Atheismus der französischen Aufklärung wie gegen den Partikularismus der christlichen Offenbarung. In antijudaistischer Manier der Aufklärung wird das Judentum aus dem Kosmos der Religionen gleich ganz ausgeschlossen. Es sei keine Religion, weil ihm – so Reimarus – die Lehre von der Unsterblichkeit fehle. Also: Unsterblichkeit als Ausdruck universaler Vernunft und Auferstehung als Dogmatismus einer partikularen Offenbarungsreligion? Vielleicht kann ja die Religionskritik von Karl Marx dem „Neuen Deutschland“ etwas auf die Sprünge kritischer Reflexion helfen…

Zur Marx‘schen Kritik der Religion

Marx‘ Kritik der Religion zielt nicht einfach auf eine Kritik der Gedanken, sondern auf das Verhältnis von Gedanken und der materiellen Wirklichkeit der gesellschaftlichen Verhältnisse. Während Feuerbachs Kritik der Religion sich um den abstrakten Menschen und sein Bedürfnis nach Trost und Bewältigung seiner Endlichkeit drehte, geht es Marx um den wirklichen Menschen. Der ist aber „kein abstraktes, außer der Welt hockendes Wesen“. Vielmehr: „Der Mensch, das ist die Welt des Menschen, Staat, Sozietät“[2]. Dann aber produziert nicht der abstrakte Mensch die Religion durch Projektion seiner Unvollkommenheit auf ein vollkommenes höheres Wesen. Sie ist also nicht Ausdruck verkehrter Gedanken, sondern verkehrter Verhältnisse. „Dieser Staat, diese Sozietät produzieren die Religion, ein verkehrtes Weltbewusstsein, weil sie eine verkehrte Welt sind“[3]. Die so produzierte Religion rechtfertigt die herrschenden Verhältnisse und wird als illusionärer Trost im Jammertal geschichtlicher Verhältnisse zum „Opium des Volks“[4]. Kritik der Religion erschöpft sich nicht in der Kritik religiöser Vorstellungswelten. Es geht um die Kritik des Jammertals, das des illusionären Trostes ebenso wie seiner ideologischen Rechtfertigung bedarf. „Die Kritik des Himmels verwandelt sich damit in die Kritik der Erde, die Kritik der Religion in die Kritik des Rechts, die Kritik der Theologie in die Kritik der Politik[5]. Und so mündet die Kritik der Religion in den „kategorischen Imperativ, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist“[6].

Der Umsturz der Verhältnisse setzt die Kenntnis der Verhältnisse voraus, die es umzustürzen gilt.  Zum Gegenstand der Kritik müssen die kapitalistischen Verhältnisse werden, sozusagen der irdische Kern des Himmels. Sie kommen auch noch nicht in den Blick, wenn die Kritik – wie in der frühen marx‘schen Relgionskritik – auf der Ebene der Kritik von Recht, Politik und Staat stecken bleibt. Ohne die Analyse der ökonomischen Ebene hängt alle Kritik noch in der Luft. Sie gewinnt erst ihren ‚irdischen‘ Gegenstand in der Analyse des Kapitalverhältnisses, das sich in Polaritäten wie Arbeit und Kapital, Ökonomie und Politik, Markt und Staat etc. entfaltet. Ohne „Das Kapital“ und die „Kritik der politischen Ökonomie“[7] ist der irdische Kern aller Himmelei nicht zu begreifen. Insofern lässt sich die Marx‘sche Kritik der politischen Ökonomie als konsequente Weiterentwicklung seiner Kritik der Religion verstehen. Nicht zufällig greift Marx dabei auf die Welt der Religion zurück, wenn er diese Verhältnisse als Fetischverhältnisse analysiert, also als Verhältnisse, die gleichsam einer dunklen dämonisch-göttlichen Macht unterworfen seien. Unterworfen sind sie dem ‚göttlichen‘ Gesetz der Warenproduktion. Diesem Gesetz, das darauf zielt, durch die Verausgabung von Arbeit in der Produktion von Waren Kapital um seiner selbst willen zu vermehren, ist die kapitalistische Gesellschaft als Ganze unterworfen. In der Selbstverwertung des Werts agiert ein „automatisches Subjekt“[8]. Menschliche Verhältnisse nehmen „die phantasmagorische Form eines Verhältnisses von Dingen“ an. „Um daher eine Analogie zu finden, müssen wir in die Nebelreligion der religiösen Welt flüchten. Hier scheinen die Produkte des menschlichen Kopfes mit eigenem Leben begabte, untereinander und mit den Menschen in Verhältnis stehende selbständige Gestalten. So in der Warenwelt die Produkte der menschlichen Hand. Dies nenne ich den Fetischismus, der den Arbeitsprodukten anklebt, sobald sie als Waren produziert werden, und daher von der Warenproduktion unzertrennlich ist.“[9] Wie sehr es Marx darauf ankommt, „durch Analyse den irdischen Kern der religiösen Nebelbildungen zu finden … aus den jedesmaligen wirklichen Lebensverhältnissen ihre verhimmelten Formen zu entwickeln“, unterstreicht Marx noch einmal, wenn er sagt, dies sei „die einzig materialistische Methode“[10].

Ceterum censeo: Für die Kritik des Kapitalismus, die den katastrophischen Krisenprozessen Rechnung tragen will, die wir gegenwärtig in Gestalt der sog. Vielfachkrisen erleben und die für unzählige Menschen tödlich sind, wäre vor allem an die Marx‘sche Kritik des Kapitalismus als Kritik des Fetischismus, der diesen Verhältnissen inhärent ist, anzuknüpfen. Sie kann deutlich machen, „dass die scheinbare Rationalität der kapitalistischen Moderne gewissermaßen nur die Binnenrationalität eines objektiven Wahnsystems darstellt: eine Art von säkularisiertem Dämonenglauben, der sich in den handgreiflich gewordenen Abstraktionen des warenproduzierenden Systems, seiner Krisen, Absurditäten und destruktiven Resultaten für Mensch und Natur manifestiert. In der Fetischisierung von Arbeit, Wert und Geld tritt den Menschen ihre eigene Gesellschaftlichkeit als fremde und äußere Macht gegenüber“[11].

Kapitalismus als Religion?

Hellsichtig und inspirierend, seine Überlegungen weiterzudenken, hat Walter Benjamin in einem Fragment vom „Kapitalismus als Religion“ gesprochen[12]. Mit dem Gedanken, der Kapitalismus sei eine Religion, weil er „essentiell der Befriedigung derselben Sorgen, Qualen und Unruhen“ dient, auf die ehemals die sog. Religionen Antwort gaben“[13], knüpft er an die marx‘sche Religionskritik an. Kapitalismus als Religion umfasst nach Benjamin die gesamte Gesellschaft und alle Lebenszusammenhänge. In seiner Beschreibung spiegelt sich seine Sensibilität für den katastrophischen Charakter der Geschichte und das, was Menschen in geschichtlichen gesellschaftliche Krisen und (Zusammen-)Brüchen erleiden. Das lässt ihn evolutiv oder auch dialektisch gefärbte Fortschrittsversprechen als illusionär erkennen. Gegen solche Illusionen verbindet er Fortschritt und Katastrophe: „Der Begriff des Fortschritts ist in der Idee der Katastrophe zu fundieren: Dass es ‚so weiter geht, ist die Katastrophe …: die Hölle ist nichts, was uns bevorstünde – sondern dieses Leben hier“[14]. Entsprechend sieht Benjamin, dass der Kapitalismus nicht auf Reform des Seins sondern dessen Zertrümmerung“ hinausläuft, „auf die Ausweitung der Verzweiflung zum religiösen Weltzustand aus dem die Heilung zu erwarten sei“. Gegen Nietzsches Rede vom Tod Gottes führt er den Gedanken weiter mit dem Satz: „Gottes Transzendenz ist gefallen. Aber Gott ist nicht tot, er ist ins Menschenschicksal einbezogen“[15]. Transzendenz und die Immanenz der Geschichte als Geschichte von Katastrophen scheinen zusammen zu fallen. Darin ist Gott in das Menschenschicksal einbezogen. Geht er in den Katastrophen unter, verdunstet er? Welcher Gott ist überhaupt gemeint?

Wie dem auch sei, für Benjamin gibt es etwas, das den Katastrophen und Untergängen entgegensteht. Er nennt es „eine schwache messianische Kraft …, an welche die Vergangenheit Anspruch hat. Billig ist dieser Anspruch nicht abzufertigen. Der historische Materialist weiß darum.“[16] Wie „in der Vorstellung des Glücks unveräußerlich die der Erlösung“ mitschwingt, so „führt“ die Vergangenheit „einen heimlichen Index mit, durch den sie auf Erlösung verweist“[17]. Benjamin spielt darauf an, dass Vergangenheit und Gegenwart, Lebende und Tote nicht voneinander getrennt werden dürfen, so dass Glück und Erlösung nur den Lebenden vorbehalten bliebe. Wenn es aber eine Verbindung zwischen den Generationen gibt, „dann besteht eine geheime Verabredung zwischen den Gewesenen Geschlechtern und unseren“. Darin wäre jene „schwache messianische Kraft“ lebendig, von der Benjamin spricht.

Religionskritik als Fetischismuskritik

Zumindest aus der Perspektive religiöser Traditionen, die Transzendenz und Immanenz unterscheiden, kann es da keine Religion mehr geben, wo Transzendenz und Immanenz zusammenfallen wie dies im Kapitalismus der Fall ist. Dann aber wäre der Kapitalismus keine Religion, „sondern die Auflösung aller Religion … in den Kapitalfetisch“[18]. Aus der Perspektive biblischer Traditionen formuliert: Gott wird durch Götzen ersetzt, der Gott der Befreiung, der aus versklavenden Herrschaftsverhältnissen hinausführt, durch Götzen, die Herrschaft legitimieren, überhöhen und auratisch verherrlichen[19]. Diese Götzen wollen durch Opfer gnädig gestimmt oder bei Laune gehalten werden. Wer nicht opfert, muss mit der Strafe des Untergangs rechnen. Analog dazu wird vom Fetischismus der kapitalistischen Verhältnisse abgestraft, wer dem Geist und der Logik des mit ‚göttlicher‘ Aura aufgeladenen Wertgesetzes den Gehorsam verweigert. Eine zentrale theologische wie säkulare religionskritische Herausforderung in der Gegenwart wäre dann die Kritik kapitalistischer Fetischverhältnisse. Dabei sind jedoch antike Herrschaftsverhältnisse, in deren Rahmen sich biblische fetischismuskritische Traditionen herausgebildet haben, von den modernen kapitalistischen Fetischverhältnissen zu unterscheiden. Letztere sind vor allem durch folgende Aspekte charakterisiert:

  1. In der Durchsetzung des Kapitalismus hat sich in der Überwindung feudal-personal strukturierter Herrschaft eine abstrakte, auf die Produktion von Waren zum Zweck der Schaffung von Wert und Mehr-Wert ausgerichtete Herrschaft heraus gebildet. Sie konstituiert ein gesellschaftliches Ganzes, eine ‚konkrete Totalität‘. Sie kann aber nicht aus der Einzelware analysiert und auch nicht als Summe der Einzelkapitalien verstanden werden. Vielmehr muss sie aus einem gesellschaftlichen Zusammenhang bestimmt werden, aus dem weder Einzelunternehmen noch Politik aussteigen können. D.h. „Das Kapital ist nicht die äußere Summe der Einzelkapitalien, sondern das Gesamtkapital als transzendentales Wesen“[20]. Dies konstituiert das Ganze als gesellschaftlichen Fetischzusammenhangs. Es impliziert die Ausrichtung der Gesellschaft auf den irrationalen und wahnhaften Selbstzweck der Vermehrung von Kapital um seiner selbst willen. Diese Vergesellschaftung findet ihren Ausdruck in realabstrakten Kategorien wie Wert, Arbeit, Geld etc. auf der ökonomischen und Staat, Recht etc. auf der politischen Ebene. Sie sind „als Kategorien des gesamtgesellschaftlichen Ganzen, des Gesamtkapitals und seiner Gesamtbewegung als Gesamtmasse zu verstehen“[21]. Unter diesem Formzusammenhang sind alle Akteure – ob Unternehmer oder Arbeiter, Politiker oder zivilgesellschaftliche Akteure – „unpersönlichen, zunehmend rationalisierten strukturellen Zwängen“ unterworfen, „die nicht einfach auf soziale Gruppierungen oder die Institutionen von Staat und Ökonomie zurückgeführt werden“[22] können.
  2. Der Begriff eines auf den irrationalen Selbstzweck der Vermehrung von Kapital fokussierten Begriffs des Fetischismus bedarf einer wesentlichen korrigierenden Erweiterung. Nicht nur die auf die Vermehrung von Wert- und Mehr-Wert zielende männlich konnotierte Produktion von Waren, sondern ebenso die damit gleichursprünglich verbundene weiblich konnotierte Reproduktion liegt den kapitalistischen Fetischverhältnissen zugrunde. Die Gleichursprünglichkeit von Produktion und Reproduktion für die Konstitution des Kapitalfetischs hat Roswitha Scholz in ihrer Kritik von Wert und Abspaltung herausgearbeitet[23]. Abgespalten werden Tätigkeiten, die der Pflege und Betreuung dienen und mit menschlicher Zuwendung verbunden sind, ebenso wie Gefühle, erotische Anziehung, Liebe und Sexualität. Das Geschlechterverhältnis und damit die Inferiorisierung des Weiblichen ist kein Nebenwiderspruch, sondern gehört zur Grundstruktur der kapitalistischen Fetischverhältnisse. Daher kann das geschlechtspezifische Abgespaltene auch nicht als ‚Substruktur‘ aus dem Wert abgeleitet werden. „Die Abspaltung ist der Wert und der Wert ist die Abspaltung. Beides ist im anderen enthalten, ohne jeweils mit dem anderen identisch zu sein“[24]. Abspaltung dementiert den Totalitätsanspruch der Wertform und bringt die kulturelle-symbolische ebenso wie die sozialpsychologische Ebene der Vergesellschaftung zur Geltung. Diese Ebenen müssen in ihrer Vermittlung mit der gesellschaftlichen Totalität und zugleich in ihrer Eigenlogik reflektiert werden. Dies gilt auch für Religion. Sie muss religionskritisch im Zusammenhang des Ganzen der Verhältnisse reflektiert und zugleich in ihrer im Ganzen der Fetischverhältnisse nicht aufgehenden Eigenlogik begriffen werden.
  3. Walter Benjamin hat im Blick auf das Lesen historischer Texte auf einem ‚Zeitkern‘ beharrt. Deren Lesbarkeit entspringt nicht ausschließlich der Immanenz der zu betrachtenden Texte, sondern ist gebunden „an einen Zeitkern, welcher im Erkannten und Erkennenden zugleich steckt“[25]. Im Begriff des ‚Zeitkerns‘ sind Geschichte, Zeit und Wahrheit miteinander verbunden. Ohne ‚Zeitkern‘ lässt sich die Wahrheit der Geschichte nicht erkennen. Damit stellt sich Benjamin gegen einen bürgerlichen Wahrheitsbegriff und seine Vorstellungen einer ‚zeitlosen Wahrheit‘. ‚Zeitlosigkeit‘ gilt ja als besondere Auszeichnung von Werken der Kunst wie auch von Religionen, deren Größe angeblich darin besteht, im Gang der Geschichte ‚zeitlose‘ Wahrheiten zu tradieren.

Im Sinn des ‚Zeitkerns‘ gibt es auch kein zeitloses ‚Wesen‘ des Kapitalismus. Sein ‚Wesen‘ kann nicht erfassen, wer meint, sich auf die Analyse der abstrakten Kategorien seiner Konstitution beschränken zu können. Es ist ein prozessierendes ‚Wesen‘, das von seiner empirischen Verlaufsgeschichte und damit von seinen Krisen und deren unterschiedlichen Konstellationen nicht zu trennen ist. Eingebunden in den zeitlich-historischen Gesamtprozess des Kapitals als „prozessierendem Widerspruch“[26] entwickelt sich vermittelt über die Konkurrenz der Zwang zu fortschreitender Produktivität. In diesem Prozess werden mit dem Eliminieren von Arbeit die Grundlagen der Produktion von Wert und Mehrwert zerstört. In den sog. Vielfachkrisen, die wir gegenwärtig erleben, wird deutlich, dass die mit dem Kapitalismus verbundene logische Schranke mit der mikroelektronischen Revolution nun auch historisch auf Grenzen stößt, die immanent nicht mehr zu überwinden sind. Zerstört werden mehr und mehr die Grundlagen der kapitalistischen Fetischveranstaltung: Arbeit und Sorgetätigkeiten, politische Handlungsfähigkeit etc. Dies geht einher mit staatlichen Zerfallsprozessen und treibt zugleich in Autoritarismus und identitäre Konstruktionen von Nation und Volk, Rasse und geschlechtlicher Identitäten bis hin zum Antisemitismus mit seiner Wahnvorstellung einer Erlösung durch Vernichtung der Juden.

Trotz aller empirisch zu greifenden Zerstörung und Vernichtung von Leben und seiner natürlichen Grundlagen scheint die Bindung an die kapitalistische Normalität ungebrochen. In der finalen Krise wird erkennbar, was sich nach Benjamin im Zerfall des Kapitalismus ‚offenbaren‘ werde: das  „Aushalten bis ans Ende“. Dies liege „im Wesen dieser religiösen Bewegung, die der Kapitalismus ist“. Sie impliziert „die Ausweitung der Verzweiflung zum religiösen Weltzustand aus dem Heilung zu erwarten ist“[27]. Je mehr der Kapitalismus zerfällt, umso heftiger klammern sich Menschen an ihn und an das, was er als Normalität zu versprechen scheint; Wohlstand und Glück für alle. Dass die immer schon illusionäre Universalität des ‚Für alle‘ immer offensichtlicher demontiert wird, soll kompensiert werden in Ausgrenzungsprozessen, die gegenüber denen durchgesetzt werden, die als Migrant*innen überflüssig sind, oder gegen Menschen, die sich dem Fetisch der Arbeit zu entziehen versuchen. Sie werden ebenso wie die natürlichen Grundlagen des Lebens dem Fetisch kapitalistischen Normalität ‚geopfert‘. Das ‚Opfern‘ ist dem kapitalistischen Selbstzweck eingeschrieben, da er gleichgültig ist gegenüber konkret-sinnlichen Bedürfnissen und Inhalten, gleichgültig gegenüber Mensch und Natur. Alles tritt in den Dienst dieses abstrakten und irrationalen Selbstzwecks, der immer schneller auf nicht mehr zu kompensierende Grenzen zuläuft. In den sog. Vielfachkrisen wird deutlich, dass dieser Selbstzweck ins Leere läuft. Wo nichts mehr geht, droht er auf Nichts, auf Ver-Nicht-ung hinauszulaufen. Dies wäre das ‚letzte‘ Opfer, das dem Kapitalfetisch darzubringen wäre.

Immanenz und Transzendenz: Der „irdische Kern der religiösen Nebelbildungen“ und der „himmlische Kern des Irdischen“

„Es ist in der Tat viel leichter, durch Analyse den irdischen Kern der religiösen Nebelbildungen zu finden, als umgekehrt, aus den jedesmaligen wirklichen Lebenszusammenhängen ihre verhimmelten Formen zu entwickeln. Die letzte ist die einzig materialistische und daher wissenschaftliche Methode“ heißt es bei Marx in einer Anmerkung im Kapital[28]. Dieser Methode ist Marx gefolgt und hat im Kapital den irdischen Kern des Himmels analysiert. Damit war für ihn seine Kritik der Religion weitergeführt und Religion als eigenes Thema erledigt. Der Befreiungstheologe Franz J. Hinkelammert hat deutlich gemacht, dass es in der Auseinandersetzung mit der Moderne auch um „den himmlischen Kern des Irdischen“ geht[29]. Er verortet ihn – einen Begriff von Kant aufnehmend – in mit der Moderne verbundenen „transzendentalen Illusionen“[30]. Sie reichen von Konstruktionen eines „perfekten Beobachters“[31], „perfekten Funktionsmechanismen“[32] in den empirischen Wissenschaften bis hin zu einem „vollkommenen Wettbewerb“ und der Idealisierung des Marktes im Neoliberalismus[33] und Vorstellungen von der Unsterblichkeit des Menschen als „Ergebnis des unendlichen Wettlaufs … technischen Fortschritts“[34] in der Orientierung empirischer Wissenschaften und des Silicon Valley[35]. Parallel zu den liberalen Illusionen registriert Hinkelammert auch die sozialistische Illusion von der „Vollkommenheit des idealen Zusammenlebens“[36] und dessen perfekter Planung.

‚Religion‘ ist – so das Fazit Hinkelammerts – in Gestalt illusionären Transzendentalisierungen, die auf Absolutes (Vollkommenheit des Beobachtens und Handelns) ausgreifen, auch den empirischen Wissenschaften inhärent. Sie versprechen, ein transzendental idealisiertes und damit unendliches Ziel durch endliche Schritte, also im Rahmen „schlechter Unendlichkeit“ (Hegel) erreichen zu können. Mit von den gesellschaftlichen Verhältnissen abstrahierenden reinen Vorstellungen von Vollkommenheit als gleichsam reiner Formen werden diese Verhältnisse überhöht und zu Adressaten ewiger Prozesse der Annäherung gemacht. Schlussendlich läuft dies auf die Affirmation der herrschenden Verhältnisse hinaus. Weil sie – so die Illusion – in einem unendlichen Prozess stets verbessert werden können, müssen sie nicht zur Disposition gestellt und überwunden werden. Wer dennoch auf Kritik und Überwindung der Verhältnisse besteht, droht die Erde in eine Hölle zu verwandeln. Religionskritisch zu kurz springt also, wer ganz schlicht empirische Vernunft gegen Religion stellt. In seinen illusionären Vorstellungen muss ihm der religiöse Charakter empirischer Vernunft verborgen bleiben.

Zu kurz greift aber auch Hinkelammert, wenn er meint, aus der Kritik transzendentaler Illusionen Markt, Geld und Staat „als Bedingung der Möglichkeit menschlichen Lebens überhaupt“[37] ableiten zu können. Den „Beweis dafür, dass“ es „unmöglich ist“, Geld, Markt und Staat zu negieren, sieht er in der „Entwicklung des sowjetischen Sozialismus“. Wie bei Horaz der Berg Kreißt und eine Maus gebiert so kreißt Hinkelammert und gebiert mal wieder eine Ethik, die eine regulierende Instanz der in der Form akzeptierten kapitalistischen Verhältnisse darstellen soll. Ihre Aufgabe ist es menschliches Leben vor der „Totalisierung von Institutionen“[38] zu schützen. Als Rahmen dieser Ethik ist der Kapitalismus gesetzt, „kann es“ doch „heute nur noch um eine Veränderung des Kapitalismus gehen, welche die Geltung des Verelendungsgesetzes einschränkt, ohne jedoch die Marktbeziehungen als solche abzuschaffen“. So gewinnt auch der Sozialismus „die Form einer systematischen Intervention auf den Märkten unter dem Gesichtspunkt des menschlichen Lebens und seiner Möglichkeiten“[39]. In solchen Affirmationen zeigt sich die Problematik einer Theologie der Befreiung, die  analytisch nicht an die Wurzel des kapitalistischen Fetischs reicht und keinen Begriff vom Kapitalismus als krisenhaftem „prozessierendem Widerspruch“ entwickelt hat[40].

Religionskritik kommt als Fetischismuskritik erst dann zur Geltung, wenn sie das Ganze der kapitalistischen Verhältnisse und darin deren Fetischkonstitution zum Gegenstand der Reflexion macht. Im Fokus steht dann das Verhältnis von Immanenz und Transzendenz. Aufgabe der Theologie ist es, dieses Verhältnis kritisch, auch religionskritisch zu reflektieren. Ihr Gegenstand ist dann nicht der Himmel, sondern die irdische Geschichte und das, was Menschen darin zu erleiden haben. Darüber reflektiert sie theo-logisch, also in einer Form, die sich auf das Gottesgedächtnis bezieht wie es sich in der jüdisch-christlichen Tradition herauskristallisiert hat. Dabei lässt sich insofern von ‚Offenbarung‘ sprechen, als Menschen, die sich in dieser Tradition verwurzeln, darauf vertrauen, dass in diesen geschichtlichen Erinnerungs- und Reflexionszusammenhängen aufleuchtet, welche Inhalte mit dem Gottesnamen verbunden sind. Diese Inhalte können nur aus der Immanenz geschichtlicher Verhältnisse gewonnen werden. Zugleich überschreiten, transzendieren sie die herrschenden Verhältnisse und widerstreiten – verwurzelt im sog. Bilder verbot der Vergegenständlichung und Instrumentalisierung des Gottesnamens – Verabsolutierungen des Empirischen. Im Bild von ‚Himmlischem‘ und ‚Irdischem‘ können sie verstanden werden als der ‚himmlische Kern‘ des ‚Irdischen‘. Die Rede von Transzendenz zielt also nicht auf eine jenseitige Welt über oder hinter der irdischen Welt, sondern auf das Überschreiten von Grenzen innerhalb der Geschichte und zugleich auf das Überschreiten der Grenzen des Ganzen der Geschichte. Wenn Gott und Transzendieren in biblischen Traditionen miteinander verbunden sind, ist mit dem Begriff Gott nicht der ontologische Gottesbegriff der hellenistischen Philosophie gemeint – sei es platonisch als die ‚Idee des Guten‘ über der Welt oder aristotelisch als ‚unbewegte Beweger’, der als Ursprung und Ziel alles Seienden verstanden wird und sich vulgär in Vorstellungen eines ‚höheren Wesens‘, das es wohl geben müsse, spiegelt.

Hellenisierung des Christentums als Anpassung und religiöse Überhöhung herrschender Verhältnisse

Die Unterscheidung zwischen hellenistischem und biblischem Gottesverständnis spielt in der dominanten Theologie keine große Rolle. In Joseph Ratzingers Theologie wird die Liaison der Theologie mit hellenistischem Denken gar als durch Jesus vermittelte „Synthese zwischen dem Glauben Israels und dem griechischen Geist“ gefeiert[41]. Nach Ratzinger wird in dieser Synthese eine Arbeitsteilung zwischen Glauben und Denken korrigiert. Dabei wird Israel dem Glauben zugeordnet, während der Geist einem von der realen Geschichte abstrahierendem griechisch ontologischen Identitätsdenken vorbehalten bleibt, das sich als ‚zeitlos‘ und so als immer anpassungsfähig erweist. Nicht zufällig geht die Hellenisierung des Christentums als Rezeption griechischer Philosophie, vor allem des Neu-Platonismus, einher mit seiner Anpassung an römische Herrschaft und bereitete einem imperialen Christentum den Weg wie es sich in der sog. konstantinischen Wende Ausdruck verschafft. Das Christentum wird ‚zeitlos‘ bzw. verbirgt sich seinen Zeitkern, z.B. den seiner Anpassung an Herrschaftsverhältnisse und religiöse Überhöhung. Der Jesus der Geschichte verschwindet hinter dem ewigen Sohn Gottes, der als paradoxe Einheit von göttlichem und menschlichem Wesen verstanden wird.

Die Hellenisierung des Christentums beinhaltet zugleich die Entfernung von jüdischem Denken, von dem die Texte der Bibel auch im Zweiten (dem sog. Neuen) Testament geprägt sind. Im Zentrum dieses Denkens steht die Geschichte und mit ihr Erinnerung und Eingedenken. Israel überliefert nicht einfach Glaube, sondern mit ihm auch eine andere Denkform. Sie ist nicht von Ideen und Ursprungsdenken geprägt, sondern von der Geschichte, von dem Gang der Geschichte widersprechender Erinnerung und dem Eingedenken dessen, was in der Geschichte nicht aufgeht und auf der Strecke bleibt[42]. Dieses Ge-Denken ist nicht ‚zeitlos‘, sondern geprägt von einem ‚Zeitkern‘, ohne deren Erkenntnis alle Inhalte im T(D)rüben bleiben bzw. in ‚religiösen Nebelbildungen‘ verschwimmen. Was dies bedeutet, sei an der Rede von der Auferstehung verdeutlicht.

Zur „Kritik der Auferstehung“ im „Neuen Deutschland“

Unser aufgeklärter Kritiker der Auferstehung bleibt ganz im Horizont eines „gesunden Menschenverstands“, der von der ‚gesunden Normalität‘ dessen ausgeht, was positivistisch zu erfassen ist. Gewährsmann ist Reimarus, der „an einen vernünftigen Gott glaubte“. Geflissentlich übersehen wird, dass dies nach Ungerers vollmundiger Definition: „Religion widerspricht der Definition der Vernunft“ ein Unding ist. Entscheidend ist etwas anderes: Grundlage seiner Kritik bleibt – trotz allen empirisch-positivistischen Getöses –  das essenenzialistische: „widerspricht per se der Vernunft“. So aber wird der ‚Zeitkern‘ der Rede von der Auferstehung und ihr Bezug zur Geschichte zum Verschwinden gebracht.

Wer nicht ontologisierend und/oder positivistisch die biblische Rede von der Auferstehung rekonstruiert, wird sofort gewahr, dass die Erzählungen von der Auferstehung nicht Grundlage des Glaubens an die Auferstehung, sondern Dramatisierungen eines Bekenntnisses sind, das ihnen voraus liegt. In seinem inhaltlichen Kern besagt es: Gott hat den gekreuzigten Messias von den Toten auferweckt (vgl. 1 Kor 15,3ff). Für dieses Bekenntnis gibt es keinen empirischen Beleg. Seine Plausibilität ergibt sich „gemäß der Schrift“ (1 Kor 15,4). Gemeint sind die Schriften Israels, die Israels Weg mit seinem Gott reflektieren. Dessen nicht-definierbarer, nicht bildlich darstellbarer und nicht instrumentalisierbarer Name ist, weil an die Geschichte gebunden, dennoch nicht abstrakt-inhaltslos. Er ist mit einer in Erzählungen, Gebeten und Bekenntnissen aufbewahrten Erinnerung verbunden, nach der er die Grenzen von Sklavenhäusern in der Geschichte wie denen von Ägypten und Babylon durchbricht. Diese Erinnerung ist nicht als reiner gleichsam identitärer Ursprung zu haben, sondern nur über die religionskritische Auseinandersetzung mit Israels widersprüchlicher Geschichte zwischen der Etablierung eigener Herrschaft in Gestalt des Königtums bzw. Anpassung an und Widerstand gegen fremde Herrschaft. Inmitten aller Widersprüchlichkeiten verbindet sich mit Israels Gottesgedächtnis die Weigerung, sich den jeweiligen Herrschaftsverhältnissen zu unterwerfen und religionskritisch zwischen seinem Gott der Befreiung und Götzen zu unterscheiden, die Herrschaft legitimieren und auratisch überhöhen. Verwurzelt in diesen Überlieferungen deuten Jesu Jünger*innen sein Leben an der Seite der Opfer römischer Gewaltherrschaft, seine Hinrichtung am Kreuz der Römer und seine Auferweckung durch Israels Gott. Ihn bezeugt Israels Gottesgedächtnis, das Ge-Denken eines Gottes, dessen solidarische Treue zuerst denen gilt, die Opfer von Unrecht und Gewalt werden und das Israel ermutigt, Wege der Befreiung zu gehen. Im Horizont eines solchen Gottesgedächtnisses ‚kann‘ der Tod derer, die unter der Gewalt herrschender Verhältnisse leiden und sterben, doch nicht das ‚letzte Wort‘ gewesen sein.

In den von den Evangelien überlieferten Erzählungen von der Auferweckung des gekreuzigten Messias geht es weder um einen ‚Gottesbeweis‘ noch um einen ‚Beweis‘ für die Auferweckung des gekreuzigten Messias. Wo es um die Erfahrung von Transzendenz inmitten der Immanenz, also um die Erfahrung des Überschreitens der Grenzen der Immanenz geht, gibt es nichts zu ‚beweisen‘. Alles was als ‚beweisbar‘ angeführt werden könnte, würde nur ‚beweisen‘, dass es sich in den Grenzen der Immanenz bewegt. Auferweckung kann nur negativ zur Geltung gebracht werden als Einspruch gegen die geschlossene Immanenz herrschender Verhältnisse in jeweiligen geschichtlichen Konstellationen von Herrschaft. Zur Zeit, in der der Glaube an die Auferweckung Jesu zum Durchbruch kommt, sind es die römischen Herrschaftsverhältnisse in der Situation der Zerstörung Jerusalems und der Vertreibung von Juden im Krieg der Römer gegen die Juden. In dieser Situation soll das zerstreute Israel neu gesammelt und aufgerichtet werden, im Vertrauen darauf, dass Israels Gott das ‚letzte Wort‘ über alle Mächte und Gewalten spricht wie er es in der Auferweckung des Gekreuzigten über die Herrschaft Roms getan hat. Es kann seine Lähmung überwinden, um inmitten des Desasters von Zerstörung und Vertreibung neu widerständige Wege der Befreiung zu wagen.

So unterschiedlich die Geschichten im einzelnen sind, so konvergieren sie doch darin, dass der Auferweckte nicht ‚dingfest‘ gemacht werden kann. Klassisch wird dies deutlich in Jesu Aufforderung an Maria Magdalena: „Halte mich nicht fest“ (Joh 29,16). Wichtig ist allen Erzählungen, dass nicht irgendwer, sondern der von Rom gekreuzigte Messias auferweckt ist. Nicht zufällig erkennt der sog. ungläubige Thomas den Auferstandenen an seinen Wunden. Dass er als verwundeter an die Seite der Verwundeten gehört, ist der Inhalt der Botschaft. Zu verifizieren gibt es da nichts. So wird auch nicht erzählt, dass Thomas seinen Finger in Jesu Wunden gelegt hätte (Joh 20,24-26). Was empirisch dingfest gemacht und ‚bewiesen‘ werden könnte, wäre keine Auferstehung, sondern deren Fetischisierung. Entscheidend ist, ohne identitäre Gewissheiten Herrschaftsverhältnissen, „in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes und verächtliches Wesen ist“[43], die Stirn zu bieten. Entsprechend sind alle Geschichten von der Auferweckung des Gekreuzigten Berufungs- und Sendungsgeschichten. Jesu Jünger*innen, die angesichts der Kreuzigung geflohen waren oder sich wie bei Johannes hinter „verschlossenen Türen“ verbarrikadiert hatten, werden neu zusammengerufen und gesendet, inspiriert von Israels Gott, der Grenzen überwindet und geschlossene Verhältnisse öffnet, neu den Weg des gekreuzigten Messias zu gehen. Sie werden gesandt, inmitten der Erfahrung der tödlichen Macht Roms Wege der Befreiung an der Seite derer zu gehen, die von Rom geschlagen und verwundet und oft auch aufs Kreuz gelegt werden, weil sie als Atheisten galten, die Rom und seinen religiösen Inszenierungen die Gefolgschaft verweigerten: Als „Herr und Gott“ gilt nicht der sich im Kaiserkult religiös inszenierende Kaiser, sondern jener von Rom gekreuzigte Messias, der sich gegen die herrschenden Verhältnisse gestellt hatte (vgl. Joh 20,28).

Das ist ‚Lichtjahre‘ entfernt von Raimarus‘ universaler Religion der Vernunft und der daraus abgeleiteten Unsterblichkeit. Auferweckung als Durchbrechen der Grenzen der Immanenz kann weder aus reiner Vernunft noch aus empirischer Erfahrung abgeleitet werden. Gegen ein naiv vergegenständlichendes Offenbarungs- und Gottesverständnis hatte Bonhoeffer formuliert: „Einen Gott, den ‚es gibt‘, gibt es nicht“[44]. Was ‚bleibt‘, ist ein Weg, der zu gehen ist – biblisch der Weg der Tora und der Propheten in der Nachfolge des gekreuzigten Messias. Dieser Weg ist nicht der Weg einer abstrakt universalen Gleichheit unter der leeren Form von Kants kategorischem Imperativ. Die mit dem Gottesgedanken verbundene Universalität ist gebunden an die Partikularität der in der Geschichte Gekreuzigten, an die Opfer geschichtlicher Herrschaftsverhältnisse und inspiriert von der „Hoffnung, dass es bei diesem Unrecht, durch das die Welt gekennzeichnet ist, nicht bleibe, dass das Unrecht nicht das letzte Wort sein möge“[45]. Auch die Theologie kann den Konjunktiv ‚möge‘ nicht heilsgewiss zum Indikativ umdrehen. Theologisch stehen die mit der Auferweckung des Gekreuzigten verbundenen Hoffnungen unter dem Vorbehalt des Konjunktivs, dass Gott für alle Gekreuzigten wahrmache, was in der Rede von Auferweckung des Gekreuzigten aufgeblitzt ist.

Transzendenz und religionskritische Theoriefähigkeit

Transzendenz bzw. transzendierendes Denken bezieht sich notwendig auf das Ganze als Horizont der Reflexion. Mit der Frage nach einer mit der Immanenz der Geschichte verbundenen Transzendenz kommt die Frage nach gesellschaftlicher Totalität ins Spiel. Werden dabei die von Marx aufgeworfenen religionskritischen Fragen nicht ausgeblendet, stellt sich die Frage nach Herrschaft. Zu fragen ist, was sie konstituiert und wie ihre Grenzen transzendierend überschritten und Herrschaftsverhältnisse überwunden werden können. Heutige Gesellschaften und die Welt der Moderne sind mit kapitalistischen Herrschaftsverhältnissen verbunden und konfrontiert. Dies bringt philosophisch die Frage nach Transzendenz und theologisch die Frage nach Gott als Frage nach dem Ganzen der Wirklichkeit an die Seite kritischer Gesellschaftstheorie und ihrer Frage nach der ‚konkreten Totalität‘ der kapitalistischen Verhältnisse und deren Fetischisierung.

Theologische Reflexion wäre religionskritisch als Einspruch gegen die geschlossene Immanenz kapitalistischer Verhältnisse zu formulieren, die eine Bearbeitung der sich zuspitzenden gesellschaftlichen Widersprüche nur im Rahmen der Normalität kapitalistischer Verhältnisse kennt. Aus dem Denken verbannt sind die gesellschaftlichen Widersprüche, die mit dem Kapital als „prozessierendem Widerspruch“ einhergehen und auf Grenzen stoßen, die in der kapitalistischen Immanenz nicht zu überwinden sind und – eingebannt in die Form der Wert-Abspaltungsvergesellschaftung – auf Ausgrenzung und Vernichtung von Menschen, deren Humankapital nicht zu verwerten ist, wie auf die Zerstörung der Grundlagen allen Lebens zutreibt. Transzendierend aufzusprengen wäre die fetischisierte Normalität der kapitalistischen Verhältnisse. Wo dieser Gedanke außerhalb des Bereichs kritischer theologischer Reflexion bleibt, artikuliert sich der Schrei nach Religiösem als illusionärer Trost. Mit dem Voranschreiten der Krise meldet sich auch die Nachfrage nach Religion – von esoterischem Trost und unternehmerischen Kirchen, die solche Tröstungen anbieten[46], bis hin zu Hartmut Rosas ausgesprochen nachgefragter Schrift „Demokratie braucht Religion“[47] – sekundiert von Gregor Gysi, der im Vorwort schriebt, „zur Zeit“ seien „nur die Religionen wirklich in der Lage, grundlegende Moral- und Wertvorstellungen allgemeinverbindlich in der Gesellschaft prägen zu können“[48]. Wo der kapitalistischen Vergesellschaftung Legitimation wie Plausibilitäten ausgehen, soll ‚Religion‘ liefern. Die christlichen Kirchen zeigen sich willig, sind sie doch plötzlich wieder gefragt.

In säkularem Gewand meldet sich der Bedarf nach Trost inmitten der Krisenverhältnisse im Ruf nach identitären Sicherheiten im Rahmen einer ‚ewigen Wiederkehr‘ von Beschwörungen des Klassenkampfes oder von Personalisierungen, die Halt darin suchen, dass sich entgegen der Analysen abstrakter Herrschaft doch Herrschende als zentrale Akteure ausmachen lassen[49]. Eher rechts – aber auch in querfrontmäßigen Gemengelagen – findet sich die Kritik an Eliten und  politischem Esthablishment – oft verbunden mit dem Rückgriff auf nationale, rassistische, geschlechtliche Identitäten, die Halt und Orientierung versprechen. Ein unterschiedliche Schichten und politische Spektren übergreifendes Phänomen ist der Kniefall vor der Arbeit. Ihre allgemeine Devotion taugt als Kriterium von Ausschließung nach der Parole ‚Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen‘ wie ‚integrierender‘ Einschließung unter die Knute der kapitalistischen Arbeitsgesellschaft, die daran ‚glaubt‘, der Krise mit mehr Arbeit und Fleiß beikommen zu können. Auch nach dem Scheitern der sozialistischen Variante der Arbeitsgesellschaft scheint der ‚Glaube‘ von Linken ungebrochen, mit dem Standpunkt der Arbeit im Kampf gegen das Kapital auf der richtigen Seite zu stehen – blind für die Erkenntnis, dass Arbeit wie Kapital die kapitalistische Fetischvergesellschaftung konstituieren. Dies alles schürt Ressentiments gegen diejenigen, die sich nicht der kapitalistischen Normalität einsortieren lassen oder sich ihr gegenüber ‚ungläubig‘ zeigen. Nicht zuletzt: In den sich zuspitzenden Krisen findet auch der Erlösungsantisemitismus mit seiner Wahnvorstellung, die Welt könne gerettet werden, wenn Israel von der Bildfläche verschwindet bzw. die Welt von den Juden als Strippenziehern der Weltgeschichte ‚erlöst‘ sei.

In seiner frühen Religionskritik hatte Marx auf der Notwendigkeit insistiert, mit Illusionen zu brechen und dies mit der „Forderung“ verbunden, „einen Zustand aufzugeben, der der Illusionen bedarf“. Solche „Kritik der Religion enttäuscht den Menschen, damit er denke, handle, seine Wirklichkeit gestalte wie ein enttäuschter, zu Verstand gekommener Mensch…“[50]. Die aktuell so notwendige Kritik der kapitalistischen Fetischverhältnisse als konkreter Totalität wird an Ent-täuschungen nicht vorbeikommen, wenn sie angesichts der Täuschungen nicht kapitulieren, sondern die notwendige Kritik der Täuschungen voranbringen will. Sie muss damit rechnen, auf zuweilen auch aggressive Abwehr derjenigen zu stoßen, die sich ihren ‚Glauben‘ und die damit verbundenen Illusionen ebenso wenig nehmen lassen wollen wie die entlastende Projektion auf Schuldige – seien es die Mächtigen oben oder auch diejenigen unten, die ihrer Verpflichtung zu Arbeit und Normalität nicht nachkommen wollen und als Schädlinge mitverantwortlich gemacht werden für Zerfall und Untergang.

Aus diesem Elend rettet kein ‚höheres Wesen‘, kein Gott, der als ‚deus ex machina‘ vom Himmel fiele oder aus dem Hut gezaubert würde, auch kein Heilsversprechen von welcher Religion auch immer. An den Notwendigkeiten der Desillusionierung geht kein Weg vorbei. Sie könnte die reinigende Kraft eines ‚Feuerbachs‘ sein. Religionskritischer Glaube bzw. religionskritisch reflektierende Theologie impliziert solche Desillusionierung. Sie kann keine Heilsversprechen positiv utopisch auspinseln, um sie dann ‚umzusetzen‘ oder als Ideal anzupreisen. Ihre desillusionierende und entmythologisierende Kraft gewinnt sie aus der Negation. Ihre Tradition  lehrt sie, sich nicht mit Verhältnissen abzufinden, unter denen Menschen leiden, und in deren Analyse, zwischen dem unverfügbaren Gott der Befreiung und Herrschaft legitimierenden und überhöhenden Götzen/Fetischen der Immanenz zu unterscheiden. Wenn sie Gott nicht verfehlen will, ist es ihr verwehrt, positiv identifizierend von ihm zu sprechen. Sie kann aber die Inhalte, die mit seinem Namen verbunden sind, negativ als Einspruch gegen gesellschaftliche Fetischisierung zur Geltung bringen. Aber dies kann sie nicht aus eigener Kraft, sondern nur, wenn sie sich lernend und reflektierend auf die ‚Fremdprophetie‘ kritischer Gesellschaftstheorie einlässt.

Für eine kritische Theologie bleibt mit der Frage der kritischen Reflexion des Ganzen kapitalistischer Herrschaft zugleich die Frage nach dem Ganzen der Geschichte unverzichtbar. Die   Beunruhigung durch das, was Menschen erleiden, macht auch vor den vergangenen Leiden nicht Halt. Nicht einmal durch eine mögliche Überwindung kapitalistischer Fetischverhältnisse ließe sich die Frage nach den Opfern in der Geschichte nicht beschwichtigend beruhigen. Das Glück der Enkel kann weder Trost noch Rechtfertigung für das sein, was ihre Vorfahren an Unrecht und Gewalt zu erleiden hatten. Wird solche Beunruhigung getilgt, wird die Geschichte zur Geschichte der Sieger, die in ihrem homogenen und leeren Lauf der Zeit ohne Irritation über „Generationen Geschlagener“[51]  hinweg walzt. Kritische Theologie, die sich als „Memoria passionis“[52], als Gedächtnis des Leidens versteht, widersetzt sich theologischen Versuchungen, in idealistischen Heils- und Sinngewissheiten Zuflucht zu suchen. Sie machen apathisch, da geschichtliche Katastrophen schon vom Licht des Heils überblendet sind. Der Weg zur beruhigenden Affirmation der herrschenden Gewaltverhältnisse ist gebahnt[53]. Vor allem insistiert Theologie als ‚Memoria passionis darauf, dass solche Gewissheiten spätestens „nach Auschwitz“[54] obsolet geworden sind. An die Stelle von Heils- und Gottesgewissheit setzt sie das Vermissen Gottes als Vermissen von Rettung. Das Vermissen Gottes tritt an die Stelle der klassischen Theodizee als Rechtfertigung Gottes angesichts des Leidens. Leidempfindsame und die herrschenden Verhältnisse fetischismuskritisch reflektierende Theologie artikuliert sich nicht als Rechtfertigung Gottes, sondern als Rückfrage nach Gott und an Gott aus der Erfahrung dessen, was Menschen in der Geschichte zu erleiden haben.

In der Erinnerung des Gottesgedächtnisses wird religions- und gesellschaftskritische Theologie, ohne auf ontologisierte Gewissheiten zurückgreifen zu können, die Frage nach einer möglichen Rettung derer, die in der Vergangenheit gelitten haben, offen halten und Versuchen widerstehen müssen, Geschichte, heimlich oder offen als sozialdarwinistische Geschichte der Sieger zu lesen und diese Orientierung inmitten der Krise des Kapitalismus als illusorische Rettung anzubieten und zu praktizieren. Sie widersetzt sich ebenso der positivistischen Behauptung der Endgültigkeit des Todes wie seiner Ontologisierung, die den Tod als anthropologisches Existential versteht und darauf hinausläuft, den Tod zu affirmieren. Das bringt sie in die Nähe kritischer Theorie. Adorno hat darauf bestanden, „dass der Gedanke, der Tod sei das Letzte unausdenkbar“ sei. Ansonsten würde der Tod zum Absoluten. Dann aber wäre – so Adorno – „alles überhaupt nichts, auch jeder Gedanke ins Leere gedacht, keiner lässt mit Wahrheit irgend sich denken“[55]. Benjamin rekurriert auf „eine von den Tatsachen verschiedene Dimension der Vergangenheit“[56]. Er bringt sie mit dem Begriff des ‚Eingedenkens‘ zur Sprache. Damit versucht er dem Rechnung zu tragen, dass vergangenes Unrecht „geschehen“ und in diesem Sinn „abgeschlossen“  ist. Damit ist aber der Anspruch der Vergangenheit an eine Geschichte noch nicht abgegolten, in der es „eine geheime Verabredung zwischen den gewesenen Geschlechtern und den unserem“[57] zu geben scheint. Die Vergangenheit erschöpft sich nicht in Tatsachen, sondern artikuliert sich in Überlieferungen und Bildern, die die Gegenwart bedrängen, in Frage stellen, auf Unterbrechung des Flusses homogener leerer Zeit und auf den Bruch mit den herrschenden Verhältnissen drängen und darauf hinauswollen, „das Kontinuum der Geschichte aufzusprengen“[58]. Solches Eingedenken wiederum bewegt sich im Horizont des jüdischen Verständnisses von Gedenken, das die Vergangenheit nicht als Identitätsanker für die Gegenwart instrumentalisiert, sondern auf Kritik und Veränderung der herrschenden Verhältnisse zielt. „Das Korrektiv“, das seine Gedankengänge darstellen, sieht Benjamin „in der Überlegung, dass Geschichte nicht allein eine Wissenschaft sondern nicht minder eine Form des Eingedenkens ist. Was die Wissenschaft ‚festgestellt‘ hat, kann das Eingedenken modifizieren. Das Eingedenken kann das Glück zu einem abgeschlossenen und das Abgeschlossene (das Leid) zu einem Unabgeschlossenen machen. Das ist Theologie; aber im Eingedenken machen wir eine Erfahrung, die es uns verbietet, die Geschichte grundsätzlich atheologisch zu begreifen, so wenig wie wir sie in unmittelbar theologischen Begriffen zu schreiben versuchen dürfen.“[59]

Eingedenken im Sinne Benjamins wie auch die theologische Rede von der Auferweckung des gekreuzigten Messias verweisen auf die Gegenwart und den Bruch mit den herrschenden Verhältnissen, die auf Nichts und so auf Tod und Vernichtung hinauslaufen. Ohne philosophische und theologische Gewissheiten von Unsterblichkeit gilt es, an der Seite beschädigten und vernichteten Lebens allen Versöhnungen mit dem Tod zu widerstehen.  ‚Bewiesen‘ ist damit nichts, wohl aber ein Horizont dafür eröffnet, sich nicht affirmierend mit dem Tod abzufinden, sondern tödlichen Verhältnissen die Stirn des Eingedenkens und der damit verbunden kritischen Reflexion auf den Fetischcharakter der herrschenden Verhältnisse zu bieten. Erst solch desillusionierendes Nachdenken kann Perspektiven für die Praxis erkennbar werden lassen.

Die Puppe und der Zwerg

Seine Thesen „Über den Begriff der Geschichte“ beginnt Benjamin mit dem Bild von der Puppe und dem Zwerg. Eine Puppe spielt Schach an einem Tisch, der – so die Illusion – von allen Seiten durchsichtig ist. „In Wahrheit saß ein buckliger Zwerg darin, der ein Meister im Schachspiel war und die Hand der Puppe an Schnüren lenkte.“[60] Die Puppe steht für den ‚historischen Materialismus‘, der immer „gewinnen soll“. „Sie kann es ohne weiteres mit jedem aufnehmen, wenn sie die Theologie in ihren Dienst nimmt, die heute bekanntlich klein und häßlich ist und sich ohnehin nicht darf blicken lassen.“[61] In diesem Bild wird der historische Materialismus auf die Theologie verwiesen. Das Bild steht wohl für die Grenzen eines Denkens, das nicht über empirische Gegebenheiten hinaus zu denken wagt. Ob dazu Theologie ‚nötig‘ ist, kann mit guten Gründen in Frage gestellt werden. Aus der Sicht der Theologie kann jedoch konstatiert werden, dass der Ort ihres Nachdenkens nicht das Jenseits, sondern die Immanenz der Geschichte und darin der ‚himmlische Kern des Irdischen‘ ist. Im Horizont des Eingedenkens wird er reflektierbar in jener „schwachen messianischen Kraft“, von der Benjamin gesprochen hatte[62]. Verwiesen auf ihren Gegenstand, das nicht definierbare und verfügbare Gottesgedächtnis, das sich in einem Gekreuzigten zu erkennen gibt, bleibt die Theologie notwendig schwach. Dabei mag sie „klein und häßlich“ erscheinen und unerwünscht sein. Das tut ihrem Eigensinn, der sich aus ihrem Gegenstand ergibt, keinen Abbruch. Deshalb lässt sie sich nicht instrumentalisierend in Dienst nehmen, weiß aber sehr wohl darum, dass sie auf die Erkenntnisse kritischer Gesellschaftstheorie angewiesen ist, wenn sie sich inmitten der Immanenz religions, d.h. fetischismuskritisch artikulieren will.

Herbert Böttcher

[1]      Klaus Ungerer, Kritik der Auferstehung, 18.04.2025, https://www.nd-aktuell.de/artikel/1190673.osterwunder-kritik-der-auferstehung.html.

[2]      Karl Marx, Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie, in: Marx Engels Werke, Bd. 1, Berlin 162006, 378-391, 378.

[3]      Ebd.

[4]      Ebd.

[5]      Ebd., 379.

[6]      Ebd., 385.

[7]      Karl Marx, Das Kapital, Marx-Engels-Werke, 3 Bände, Berlin 1984.

[8]      Karl Marx, Das Kapital, Erster Band, Marx-Engels-Werke, Berlin 1984, 169.

[9]      Ebd., 86f.

[10]    Ebd., 393.

[11]    Marx lesen. Die wichtigsten Texte von Karl Marx für das 21. Jahrhundert. Herausgegeben und kommentiert von Robert Kurz, Frankfurt am Main: Eichborn 2001, 45.

[12]    Walter Benjamin, in: ders. Gesammelte Schriften, Band VI, Frankfurt am Main 100-103; vgl. Herbert Böttcher, Kapitalismus – Religion – Kirche – Theologie, in: Kuno Füssel/Michael Ramminger (Hg.), Kapitalismus Kult einer tödlichen Verschuldung, Münster 2021, 31-48.

[13]    Benjamin, Kapitalismus als Religion, 100.

[14]    Walter Benjamin, Das Passagen-Werk, Gesammelte Schriften Band V 1, Frankfurt am Main 72015, 592.

[15]    Benjamin, Kapitalismus als Religion, 101.

[16]    Walter Benjamin, Über den Begriff der Geschichte, in: Abhandlungen. Gesammelte Schriften Band I.2, Frankfurt am Main 72015, 691-704, 693.

[17]    Ebd.

[18]    Robert Kurz, Geld ohne Wert. Grundrisse einer Transformation der Kritik der politischen Ökonomie, Bad Honnef 2012, 404.

[19]    Vgl. Ansgar Moenikes, Der sozial-egalitäre Impetus der Bibel Jesu und das Liebesgebot als Quintessenz der Tora, Würzburg 2007; vgl. dazu auch Herbert Böttcher/Dominic Kloos, Ohne Kapitalismuskritik kein Heil? Götzenkritik kontextuell: Unterscheidung zwischen Gott und Götzen als roter Faden der ‚Großen Erzählung‘, in: CuS (Christ und Sozialist/Christin und Sozialistin), 77. Jahrgang, Ingolstadt 2024, 131-149, auch online: https://www.oekumenisches-netz.de/2024/10/goetzenkritische-texte-aus-der-zeitschrift-christ-und-sozialist-christin-und-sozialistin/.

[20]    Kurz, Geld ohne Wert, 203.

[21]    Ebd., 177.

[22]    Moishe Postone, Der Holocaust und der Verlauf des 20. Jahrhunderts, in: ders., Deutschland die Linke und der Holocaust. Politische Interventionen, Freiburg 2005, 119-164, 160. Postone insistiert auf diesem Zusammenhang, weil er nicht zuletzt linken Antisemitismus im Kontext der Personalisierung abstrakter Herrschaft auf die Juden reflektiert.

[23]    Roswitha Scholz, Das Geschlecht des Kapitalismus. Feministische Theorien und die postmodern Metamorphose des Kapitals, Bad Honnef 22011.

[24]    Ebd., 21.

[25]    Walter Benjamin, Erkenntnistheoretisches. Theorie des Fortschritts, in: Das Passagen-Werk, Gesammelte Schriften Band V 1, Frankfurt am Main 72015, 570-611, 578.

[26]    Karl Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, Marx Engels Werke, Band 42, Berlin 1983, 601.

[27]    Benjamin, Kapitalismus als Religion, 101.

[28]    Marx, Kapital, Erster Band, 393.

[29]    Franz J. Hinkelammert, Der Fluch, der auf dem Gesetz lastet. Paulus von Tarsus und das kritische Denken, Luzern 2011, 211ff. Die Diskussion um den „himmlischen Kern des Irdischen“ ist aufgenommen und weitergeführt in: Urs Eigenmann, Kuno Füssel, Franz J. Hinkelammert (Hrsg.), Der himmlische Kern des Irdischen. Das Christentum als pauperozentrischer Humanismus der Praxis, Luzern 2019.

[30]    Franz J. Hinkelammert, Utopie – Mythos – Religion. Von der Kritik der Moderne zum Humanismus der Praxis, Luzern 2023, u.a. 31ff.

[31]    Vgl. ebd., 50ff.

[32]    Vgl. ebd., 64ff.

[33]    Vgl. ebd., 75ff.

[34]    Ebd. 118.

[35]    Vgl. ebd., 104ff.

[36]    Ebd., 32.

[37]    Ebd., 128.

[38]    Ebd., 33.

[39]    Ebd., 129.

[40]    Vgl. Herbert Böttcher, Kapitalismuskritik und Theologie. Versuch eines Gesprächs zwischen wert-abspaltungskritischem und theologischem Denken, in: Ökumenisches Netz Rhein-Mosel-Saar (Hrsg.), Nein zum Kapitalismus, aber wie? Unterschiedliche Ansätze von Kapitalismuskritik. Eine Festschrift für drei langjährige Mitarbeiter des Ökumenischen Netzes Rhein-Mosel-Saar, Koblenz 22015, 117-163.

[41]    In: Franz König, Karl Rahner (Hrsg.), Europa. Horizonte der Hoffnung, Graz Wie Köln 1983, 68.

[42]    Profan ist solches Denken in der Kritischen Theorie lebendig geblieben.

[43]    Marx, MEW 1, 358.

[44]    Dietrich Bonhoeffer, Akt und Sein. Transzendentalphilosophie und Ontologie in der systematischen Theologie, Gütersloh München 32008, 112.

[45]    Max Horkheimer, Die Sehnsucht nach dem ganz anderen, in: Gesammelte Schriften, Band 7: Vorträge und Aufzeichnungen 1949 – 1973, Frankfurt am Main 1985, 384-404, 389.

[46]    Vgl. Herbert Böttcher, Auf dem Weg zur unternehmerischen Kirche, Würzburg 2022, vor allem 73-106; unter dem Titel „Auf dem Weg zu einer ‚unternehmerischen Kirche‘ im Anschluss an die abstürzende (Post-) Moderne“ auch in: exit! Krise und Kritik der Warengesellschaft, Springe 17/2020, 179-238.

[47]    Hartmut Rosa, Demokratie braucht Religion. Über ein eigentümliches Resonanzverhältnis, München 32022, kritisch dazu: Herbert Böttcher, Die kriselnde „Demokratie braucht Religion“. Zu Hartmut Rosas religiös aufgeladenem Resonanzkonzept, in: exit! Krise und Kritik der Warengesellschaft, Springe 21/2024, 120-136.

[48]    Vgl. Rosa, Demokratie, 14.

[49]    Vgl. dazu platt: Yossi Bartal, Warum es richtig ist, Kapitalismuskritik zu personifizieren, in: neues deutschland vom 20.3.2025 (https://www.nd-aktuell.de/artikel/1189916.macht-von-multimilliardaeren-warum-es-richtig-ist-kapitalismuskritik-zu-personifizieren.html?sstr=Yossi|Bartal) und etwas elaborierter: Alex Demirović, Macht der Mächtigen oder anonyme Herrschaft? Zur Konstitution des Ökonomischen, in: Jochen Bung et al. (Hrsg.), Ökonomie als Gesellschaftstheorie, Baden-Baden 2024, 119-153.

[50]    Marx, MEW 1, 379.

[51]    Benjamin, Begriff der Geschichte, 700.

[52]    Johann Baptist Metz, Memoria passionis, Gesammelte Schriften, Band 4, Freiburg im Breisgau 2017.

[53]    Vgl. dazu auch die kritische Auseinandersetzung Horkheimers mit der Unterstellung einer sinnvollen Menschheitsgeschichte in der Wissenssoziologie Karl Mannheims: Max Horkheimer, Ein neuer Ideologiebegriff?; in: ders., Gesammelte Schriften, Band 2, Frankfurt am Main 1988.

[54]    Vgl. ebd.

[55]    Theodor W. Adorno, Negative Dialektik, Gesammelte Schriften, Band 8, Frankfurt am Main 2003, 364.

[56]    Jeanne Marie Gagnebin, „Über den Begriff der Geschichte“, in: Burkhardt Lindner (Hrsg.), Benjamin Handbuch. Leben – Werk – Wirkung, Stuttgart 2011, 284-300, 297.

[57]    Benjamin, Begriff der Geschichte, 694.

[58]    Ebd., 701.

[59]    Benjamin, Passagen-Werk, 589.

[60]    Benjamin, Begriff der Geschichte, 693.

[61]    Ebd.

[62]    Ebd., 694.