Trauer um Uli Suppus

Ulrich Suppus ist am 16. Mai im Alter von 71 Jahren – nachdem er vor einem dreiviertel Jahr vom Hunsrück in die Nähe seiner Tochter ins Münsterland zog – in Münster verstorben. Auf seine Initiativen hin ist das Ökumenische Netz entstanden. Inspiriert von den Weltversammlungen der Kirchen (ÖRK) und ihrem seit 1983 formulierten Motto „Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung“ hat Uli in unserer Region Menschen aufgesucht, um sie von der Notwendigkeit zu überzeugen, dass Gruppen und Menschen sich zusammenschließen müssen, wenn es eine Bewegung für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung geben soll. Daraus ist ein Vorbereitungskreis für die Gründung des Ökumenischen Netzes entstanden, das schließlich 1992 in Bad Kreuznach gegründet wurde. Dabei wurden bereits zentrale inhaltliche Spuren gelegt. 1992 war das Jahr der Erinnerung an 500 Jahre Eroberung Amerikas und die damit verbundene Geschichte von tödlicher Unterwerfung, Abhängigkeit und Kolonialisierung. Unrecht und Gewalt, die am Anfang dieser Geschichte standen, haben auch die weitere Geschichte geprägt. Dazu – das ist in der jüngeren Zeit immer deutlicher geworden – gehören wesentlich die inzwischen die Grundlagen des Lebens bedrohenden ökologischen Zerstörungen.

Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung gehörten für Uli immer zusammen. Dabei ging es ihm darum, diese Zusammenhänge auch inhaltlich zu verstehen. Damit untrennbar verbunden war die Frage nach dem Ganzen der kapitalistischen Vergesellschaftung und ihrer Überwindung. Diese Auseinandersetzung muss von konkreten Orten und in der Perspektive derer geführt werden, die unter Unrecht und Gewalt leiden. Für Uli war es u.a. der Hunsrück. Hier hat er mit anderen eine Bewegung vorangetrieben, die sich gegen die Stationierung amerikanischer Mittelstreckenraketen einsetzte. Beim Knotenpunkt in Buch vernetzten sich Gruppen und Individuen, Flugblätter und Infomaterialien wurden gedruckt und ein Leben eingeübt, das nicht von Kommerz, Kriegstüchtigkeit und Konsum durchtränkt sein sollte. Hier stand Bildung im Sinne von kritischem Wissen und Hinterfragen der zerstörerischen kapitalistischen Gesellschaft weit oben auf der Agenda. Die kirchliche Jugendarbeit in der Region war ein Ort für diese Art nicht-konventioneller Bildung, die Gerechtigkeit, Frieden und Schöpfungsbewahrung zusammendachte und -brachte.

Kirchliche Jugendarbeit, Südwind, Ökumenisches Netz, Friedensinitiative im Hunsrück, Gedenken an die Opfer des Holocaust im Hunsrück, kirchlicher Aktionstag gegen Atomwaffen in Büchel, Initiative gegen den Flughafen Hahn, der – so der damalige Ministerpräsident Scharping – gebaut werden sollte, damit ‚wir‘ auch Erdbeeren im Winter bekommen, AK Frieden und AK processus confessionis in der Evangelischen Kirche im Rheinland, Friedenswochen in Koblenz, AK Fujian/Rheinland-Pfalz, Solidarität mit Palästina… Damit sind immer noch nicht alle Organisationen, Gruppen und Themen genannt, in und mit denen Uli sich bewegte.

Seine offene Herzlichkeit und Menschenfreundlichkeit ließ ihn zu einem geschätzten Gesprächspartner werden, dem es gelang Menschen zusammen zu führen. In seinem Engagement schreckte er auch nicht vor heißen Eisen zurück, nur zwei Beispiele seien genannt: die Thematisierung von Arbeitsrechtsverletzungen in der chinesischen Partnerprovinz von Rheinland-Pfalz Fujian gegenüber Ministerinnen und Unternehmern, oder die Parteinahme für Palästina, die immer mal wieder auch zu kontroversen Diskussionen im Rahmen des Netzes führte, allerdings ohne dass es zu Verfeindungen kam.

Ulis solidarische Klarheit, Herzlichkeit und Freundschaft werden wir vermissen. Mit ihm ist ein wichtiger Streiter für die ökumenische Bewegung und ihre kritischen Inhalte gegangen. Als Mitbegründer des Netzes und erster hauptamtlicher Mitarbeiter, dem er trotz mancher Auseinandersetzung um Theorielastigkeit und die Frage nach Handlungsoptionen die Treue hielt, werden wir ihn mit seinen inhaltlichen Anfragen und praktischen Hinweisen im Bezug auf den Erhalt des Netzes ganz besonders vermissen.

Uli hat sich als Christ und aus der Kraft jüdisch-christlicher Tradition engagiert. Die dieser Quelle entspringende Hoffnung auf Befreiung und Leben hat er in Solidarität mit denen gelebt, deren Leben vernichtet wurde oder bedroht war. Die Hoffnung auf die Auferweckung der Toten ist gebunden an den Aufstand für das Leben derer, denen das Leben verweigert wird. In der Hoffnung, dass nicht Vernichtung und Tod das ‚Letzte‘ sind, sondern Gott sein letztes rettendes Wort über die Geschichte und über unser aller Leben spricht, vertrauen wir, deren Gedächtnis kurzzeitig ist, Uli dem Gedächtnis Gottes an. In Gottes Gedächtnis sind die Grenzen von Lebenden und Toten überwunden. Und so dürfen wir darauf vertrauen, dass Uli solidarisch in unserer Nähe ist, wenn wir uns weiter für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung einsetzen.

Herbert Böttcher und Dominic Kloos für Vorstand und Geschäftsführung des Netzes, 22.5.25

(Foto: privat, 2012)