Veranstaltungsprogramm 2024

  • 5.3., 19h, Koblenz – Kambodscha: Mikrokredite, Überschuldung und Landraub

Einst galten sie als Wunderwaffe im Kampf gegen die Armut: Mikrokredite. 150 Milliarden US-Dollar sind heute weltweit im Umlauf. Von Armutsbekämpfung redet mittlerweile kaum noch jemand, wohl aber von „finanzieller Inklusion“. Kambodscha ist das neue Eldorado der Mikrofinanz. Mehr als hundert Banken, Mikrofinanzinstitute (MFI) und ihre Agenten versuchen, so viele Kreditverträge wie möglich unter die 16 Millionen Einwohner zu bringen. Der Markt ist längst gesättigt, viele Kreditnehmer*innen überschuldet. Das verliehene Geld ist teuer: 18 Prozent Zinsen plus Gebühren. Eine gesetzliche Pfändungsgrenze wie hierzulande gibt es nicht. Menschenrechtsorganisationen erheben schwere Vorwürfe: Können Schuldner*innen ihre Raten nicht zahlen, gehen ihre Kinder arbeiten statt zur Schule, es gibt kaum noch zu essen oder das Ackerland wird verkauft. In der Veranstaltung werden die MFI problematisiert, die sich unter anderem mit Entwicklungshilfegeldern und mit verzinsten Krediten sogenannter ethischer Investoren aus Deutschland finanzieren.

Kooperationspartner: Sozialforum Koblenz, KEB, KHG

  • AK Theologische Orientierung (je einmal pro Quartal) – erster Termin: 19.1., nä. Termin: 17.5., 15.30h, KHG Koblenz

Vor dem Hintergrund der sich zuspitzenden Krisenentwicklung soll es in diesem Arbeitskreis darum gehen, Kirche prophetisch-apokalyptisch-diakonisch zu begreifen. Der inhaltliche Schwerpunkt ist noch nicht im Detail festgelegt, wird sich aber mit der Reflexion biblisch-theologischer Inhalte im Blick auf unterschiedliche globale Probleme beschäftigen. So wird uns u.a. weiter der Krieg in der Ukraine, der Klimawandel, der Hunger weltweit, Antisemitismus und die zunehmenden Fluchtbewegungen und Abwehrreaktionen des globalen Nordens beschäftigen.

Kooperationspartner: Pastorale Räume Andernach und Koblenz, Ev. KGM Maifeld, Heinrichhaus Engers, Steg e.V., KHG Koblenz, Einzelmitglieder

  • AK Marx lesen (je einmal pro Quartal, meistens online) – erster Termin: 5.2., 20h

Die Lektüre und Diskussion um das „Kapital“ soll zu kritischem Denken, insbes. bzgl. der (auch heute noch, wenn auch veränderten) politisch-ökonomischen Strukturen beitragen. Dies ist gerade in einem entwicklungspolitischen Kontext unverzichtbar, wenn es eine ernsthafte kritische Auseinandersetzung mit den weltweiten Auswirkungen der Globalisierung (Privatisierung, Liberalisierung, Deregulierung, Monopolisierung) und den Folgen für die Armen gehen soll. Dabei werden theoretische Erkenntnisse im Blick auf entwicklungspolitische Beispiele reflektiert (Hunger, Integration in den Weltmarkt, Rohstoffausbeutung…).

Kooperationspartner: KHG Koblenz

  • AK Exit! (je einmal pro Quartal) – erster Termin: 6.2., 20h

Hier werden wir uns auch in diesem Jahr mit Walter Benjamin (Geschichtsthesen, „Kapitalismus als Religion“, Passagenwerk etc.) und seinen Kategorien der Unterbrechung, Dialektik im Stillstand und historischen Konstellationen befassen. Diese sollen dem wachstumsgetriebenen und damit sozial und ökologisch desaströsen Fortschrittsdenken entgegen gestellt werden, das nicht zuletzt in alten – und immer wieder aufkommenden – entwicklungspolitischen Debatten für Illusionen gesorgt hat, nämlich dass durch Wachstum und ‚trickle down’ letztlich alle profitieren könnten und damit den Blick von Entwicklung und Veränderung auf den kapitalistischen Rahmen verengt hat. Zudem werden wir uns auch in diesem AK mit Antisemitismus als weltweiter Ideologie in der Krise des Kapitalismus beschäftigen.

Kooperationspartner: Theoriezeitschrift „Exit!“, pax christi Koblenz

  • AK Gesellschaftskritik (je einmal pro Quartal) – erster Termin: 27.2., 20h

In diesem AK werden wir uns nach einem Jahr intensiver Beschäftigung mit dem „Geschlecht des Kapitalismus“ (Roswirha Scholz) mit einem ebenfalls nicht nur feministisch wichtigen Thema befassen, nämlich dem der Intersektionalität. Wir werden uns damit auseinandersetzen, wo seine Stärken und Schwächen liegen, vor allem im Bezug auf Entwicklungspolitik, in der die Überschneidungen der Benachteiligung von Frauen, strukturellem Rassismus in postkolonialen Gesellschaften und weiteren Problemfeldern (Ökologie, Diskriminierung von Behinderten etc.) immer wieder Problemzusammenhänge indizieren.

Kooperationspartner: KHG Koblenz, Ev. KGM Maifeld

  • Biblisch-theologische Diskussionsabende in Polch (Ev. Kirchengemeinde Maifeld)am 3.3. und 5.5.

Im Zusammenhang mit verschiedenen biblischen Zusammenhängen (im und außerhalb des Sonntagsgottesdienstes) werden die Themen Flucht und Asyl, Prekarisierung der globalen Arbeitswelt und der Suche nach Alternativen im Rahmen eines befreiungstheologisch orientierten Denkens diskutiert. Diese Diskussionsabende werden max. 2x in der ersten Jahreshälfte stattfinden.

  • AK Frieden (je einmal pro Quartal) – erster Termin: 20.2., 20h

Im friedenspolitischen Bereich lesen wir in diesem Jahr das Buch „Weltordnungskrieg“ von Robert Kurz (und einem aktualisierten Nachwort von Herbert Böttcher, Auflage von 2021). Die Reflexionen der Inhalte des Buches bilden wichtigen kategoriale Horizonte, um aktuelle Konflikte und Kriege, vor allem den Krieg in der Ukraine und in Nahost, aber auch andere aktuelle Konfliktherde (Bandenkriege in Mittelamerika, immer wieder aufkeimende Konflikte im Ost-Kongo, Kriege wie im Jemen usw.) analytisch begreifen zu können.

Kooperationspartner: pax christi Koblenz

  • Biblisch-theologische Diskussionsabende in Andernach (kath. Pastoraler Raum Andernach):

Auch in diesem Jahr wird das Johannes-Evangelium Vers für Vers gelesen, sozialgeschichtlich analysiert und in Analogie mit aktuellen globalen Themenfelder wie Arbeitsbedingungen, Militarisierung, Flucht und sich ausbreitendem Sozialdarwinismus diskutiert.

Termine 2024

Kooperationspartner: Pastoraler Raum Andernach und Familienbildungsstätte Andernach

  • Abholzung und Krankheit – Das Beispiel Brasilien / Termin: 1.10. (online)

Was hat die Ausbreitung von Krankheiten wie Covid19, Zika oder HIV mit Abholzung und dem Vordringen von Menschen in bisher unbewohnte Gebiete zu schaffen? Und was hat dies wiederum mit dem globalen Kapitalismus zu tun?

Das sind die Fragestellungen einer brasilianisch-deutschen Kooperationsveranstaltung mit Altamiran Ribeiro von der Landpastoral in Piauí und Dr. Fábio Pitta (Rede Social de Justiça e Direitos Humanos / Universität São Paulo/USP / Universität des Staates São Paulo/UNESP). Sie stellen dazu kurze inhaltliche Impulse vor (konsekutiv von Lia Ishida übersetzt), die anschließend diskutiert werden können.

Kooperationspartner: Rede Social, Projektgruppe „Kapitalismus verstehen und überwinden“ (Ökum. Netz, KAB und pax christi Trier), KEB und KHG Koblenz – im Rahmen des Koblenzer Sozialforum

  • ‚Wirtschaftsseminar’: Die Kategorie der Unterbrechung (Walter Benjamin) / Termin: 8.-10.11.24 (Ort noch unklar)

Der Fortschrittsmythos ist nicht nur in der Entwicklungspolitik ein nicht tot zu bekommender Gedanke. Fortschritt scheint alles zu rechtfertigen, von der Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen bis zur Verstümmelung und dem Tod von Menschen. Wie – frei nach Bonhoeffer – diesem Rad in die Speichen zu greifen wäre, soll beim ‚Wirtschaftsseminar‘ diskutiert werden. Dafür greifen wir eine Diskussion um Walter Benjamins Kapitalismuskritik, die 2021 vom Institut für Theologie und Politik initiiert wurde, auf. Wir wollen im Idealfall gemeinsam mit dem ITP überlegen, wie die von Benjamin stark gemachte Kategorie der Unterbrechung heute verstanden werden kann und wie sie in sozialen Bewegungen stark gemacht werden könnte. Denn nicht Fortschritt – nirgendwo auf der Welt –, sondern nur eine „Notbremse“, das Innehalten, kann Auswege aus dem vernichtenden Hamsterrad von Wachstum, Kapitalverwertung, Ausbeutung usw. weisen.

mögliche Kooperationspartner werden noch angesprochen

ALLE OBEN GENANNTEN VERANSTLATUNGEN WERDEN VON BROT FÜR DIE WELT/EV. ENTWICKLUNGSDIENST GEFÖRDERT

Die folgenden beiden geplanten Veranstaltungen werden NICHT von Brot für die Welt unterstützt:

  • Identitätspolitik 31.8., 10-16h (Netzversammlung, nachmittags Mitgliederversammlung)

Gruppenidentitäten (und sei es auch in Bezug auf eine imaginäre Arbeiterklasse, die es nicht mehr gibt) und Betroffenheit als Wahrheitskriterium geltend zu machen, scheint ein sich verbreitendes Phänomen zu sein. Kritische Theorie braucht aber reflexive Distanz, gerade um die Kritik letztlich nicht einer falschen Unmittelbarkeit anheimfallen zu lassen und den schlechten Zerfalls-Verhältnissen auf den barbarischen Leim zu gehen. Das führt auch praktisches Engagement auf Abwege. Partikulare Interessen und Bauchgefühle können nicht primärer Ausgangspunkt eines entwicklungspolitischen und gesellschaftskritischen Engagements sein. Sie sind sogar in der Gefahr, rechten Sichtweisen den Weg zu bereiten. Wenn dies vermieden werden soll, muss der Bezug einzelner Problemfelder und der davon Betroffenen (sei es Rassismus, Antisemitismus, Sexismus oder Antiziganismus) mit der gesellschaftlichen Formbestimmtheit immer neu reflektiert werden. Dies wird die Gesellschaftstheoretikerin Roswitha Scholz (evtl. zusammen mit Leni Wissen) näher erläutern und zur Diskussion stellen.

Mögliche Kooperationspartner: KEB, KHG Koblenz, Theoriezeitschrift exit, PG Kapitalismus verstehen und überwinden. Evtl. im Rahmen einer Netzversammlung.

  • Israel und Palästina – ein ‚unendlicher’ Konflikt mit antisemitischen Gefahrenzonen / Termin: 16.11., 10-16h, Wittlich

Seit Jahrzehnten in der Linken im Allgemeinen, seit über einem Jahrzehnt auch in pax christi im Speziellen, bewegt sich die Diskussion um Israel in gefährlichem antisemitischem Fahrwasser. Dabei artikuliert sich der Antisemitismus als Kritik an Israel als Staat und seiner Politik. Wie aber ist der Staat Israel und seine Politik zu verstehen? Ist der israelische Staat als westlicher Brückenkopf mit antiislamischer Schlagseite zu kritisieren oder ist er ein Schutzhafen für verfolgte Juden/Jüdinnen weltweit sowie von Anfeindungen mit Vernichtungspotential seiner Anrainerstaaten bedroht? Wie kann sich Kritik am Agieren der Regierung Israels artikulieren? Die Debatte birgt immer wieder offene Flanken für Antisemitismus (als Israelkritik getarnt), aber auch für rassistische Islamophobie (als Verteidigung Israels getarnt). Dies von unterschiedlichen Positionen her sachlich zu diskutieren, ist weitgehend gescheitert. Dennoch wollen wir einen neuen Versuch unternehmen.

Mögliche Kooperationspartner: pax christi Diözesanverband Trier und Versöhnungsbund