Die Unwetter in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen haben inzwischen weit über 150 Menschenleben, hunderte Verletzte sowie Häuserzerstörungen und andere Sachbeschädigungen in Milliardenhöhe gefordert. Rettungskräfte haben ihr Äußerstes getan, um Menschen zu retten und Verletzte zu versorgen – und müssen nun immer mehr Tote bergen. Die Unterstützung aus Nachbarortschaften und von vielen anderen Menschen in Deutschland durch Sach- und Geldspenden ist groß. Die Debatte um Schwammstädte, Aufhebung von Versiegelung und Anpassung der Infrastruktur an zunehmende Katastrophenszenarien sowie erneuerbare Energien wird – notwendigerweise – verstärkt. Die Politik hat Unterstützung beim Wiederaufbau zugesagt.
Unisono erklären PolitikerInnen fast jeder Couleur, dass der Klimawandel Hintergrund für die Katastrophe ist und dass nun endlich Maßnahmen zu seiner Bekämpfung ergriffen werden müssen. Dies dürfte – wie bisherige Erfahrungen im Umgang mit ökologischen Problemen zeigen – spätestens dann vergessen sein, wenn das Wachstum weiter ins Stocken gerät, Steuereinnahmen geringer werden, die Verschuldung noch mehr steigt und Arbeitsplätze in Gefahr geraten. Selbst noch größere Katastrophen haben ja die Politik nicht irritieren können, solange sie sich nur fern ‚von Daheim‘ in Ländern des globalen Südens abspielten. Diese werden lediglich als Sicherheitsproblem wahrgenommen, wenn es darum geht vor der Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen Fliehende an den Außengrenzen abzuwehren bzw. sie in Lagern zu internieren.
Es geht nämlich um mehr als den Klimawandel. Er hat sich in seiner menschengemachten Form erst im Zusammenhang der vollständigen Etablierung des Kapitalismus in den letzten zweihundert Jahren vollziehen können. Die Expansion seiner Produktionsmuster ist die Grundlage für die weltweite Klimaproblematik, die sich in vielen verschiedenen Erscheinungen von zunehmenden Dürren und gleichzeitig einer steigenden Anzahl an Überschwemmungen und Stürmen ausdrückt – Probleme, die sich seit Jahrzehnten herauskristallisieren und mit den „Grenzen des Wachstums“ von 1972 erste, breite Bekanntheit erlangten.
Inzwischen befindet sich der Kapitalismus mit dem Schwinden von Arbeit als Quelle der Akkumulation von Kapital in einer Krise, die er immanent nicht mehr überwinden kann. Je weiter sie sich zuspitzt, wird der Ruf nach Wachstum und Arbeit um so lauter. Ihm nachzugeben schließt einen weiteren Verbrauch von Ressourcen ein. Es kommt daher einer Quadratur des Kreises gleich, Wachstum – das zwingend ist in einem System, das mittels der Verausgabung von Arbeit Geld um seiner selbst willen in Konkurrenz vermehren muss – und dessen ökologische Regulierung zu fordern.
„Es ist nicht einfach der Klimawandel, sondern die kapitalistische Gesellschaftsform, die das Problem darstellt“, formuliert zugespitzt die Vorsitzende des Ökumenischen Netzes, Barbara Bernhof-Bentley. Nur mit einem Blick auf den Kapitalismus als ganzes und damit auf die Erkenntnis, dass er abgeschafft und abgewickelt werden muss, kann es einen Ausweg aus den ökologischen wie sozialen und zunehmend auch psychischen Katastrophen einer auf Arbeit und Geld geeichten Fetischgesellschaft geben.
gez. Vorstand und Geschäftsführung des Ökumenischen Netzes Rhein-Mosel-Saar e.V.