Koblenz, 14.12.2020
Ein Bruch mit dem Kapitalismus ist dringend geboten: Die zahlreichen Zerstörungen von Mensch und Natur führen das täglich vor Augen. Für eine Überwindung des Kapitalismus als globale Gesellschaftsform sind Theorie und Praxis notwendig und ihr Verhältnis zueinander zu untersuchen und zu bestimmen. Dieser Versuch wird in der neuen Veröffentlichung des Ökumenischen Netzes Rhein-Mosel-Saar unternommen.
Die vielen destruktiven Erfahrungen und die sich insgesamt verschärfenden sozialen wie politischen Verhältnisse weltweit – ein dynamischer gesamtgesellschaftlicher Prozess, der nun durch die Corona-Pandemie zusätzlich angefeuert wird – werfen die Frage nach einer radikalen, d.h. an die Wurzeln gehenden, Gesellschaftskritik immer wieder von Neuem auf. Diese muss heute mehr denn je mit der ‚Frage nach dem Ganzen‘ verbunden sein. Freilich reicht der reine Gedankenakt nicht aus, um die Welt zu verändern. Andersherum kann ein reiner Aktionismus allzu leicht ins Leere laufen, wenn er auf die Frage nach dem ‚Ganzen‘ verzichtet – und in einer Suche nach konkreten Schuldigen kann er gar in menschenfeindlichen Verschwörungsideologien, in Antisemitismus, Antiziganismus, Rassismus und Sexismus enden. Um Theorie und Praxis nicht als Polaritäten gegeneinander auszuspielen, sondern sie dialektisch in einem zunächst nicht auflösbaren Spannungsverhältnis zu verstehen, muss es darum gehen, beide in ihren Eigenlogiken, Bedingt- und Vermitteltheiten in den Blick zu nehmen und dabei die Frage einer ‚befreiten Gesellschaft‘ immer wieder neu zu stellen. Dazu sind in diesem Sammelband mehrere Texte von verschiedenen AutorInnen und aus unterschiedlichen Perspektiven zusammengestellt worden.
Zudem wird in der Textsammlung das Verhältnis von Theologie und Gesellschaftskritik bedacht. Damit wird eine Tradition des Ökumenischen Netzes und kritischer TheologInnen fortgeführt, für die Glaube, Kirche und Theologie leidempfindsam und in ihrer gesellschaftlichen Zeitgebundenheit – und nicht abstrakt-idealistisch – zu begreifen sind.
Mit dieser Veröffentlichung geht ein Dank an langjährige Mitglieder des Netz-Vorstands einher: Barbara Bernhof-Bentley, Annemarie Stubbe, Brigitte Weber, Herbert Böttcher, Ingo Schrooten und Peter Weinowski. Nicht zufällig gewählt ist der heutige Tag der Veröffentlichung – es ist der 70. Geburtstag von Herbert Böttcher. Ohne dessen Beitrag wäre das Netz nicht das, was es ist: eine Organisation, die versucht gesellschaftskritisch-theologische Reflexion voranzutreiben, mit dem Ziel zur Überwindung der kapitalistisch-patriarchalen Gesellschaftsform beizutragen, ohne auf politisch-solidarisches Engagement zu verzichten.
Das 484 Seiten umfassende Buch (mit Abbildungen) kann gegen eine Spende im Netzbüro bestellt werden. Das Inhaltsverzeichnis und die Einführung können hier eingesehen werden. Sobald das Buch vergriffen ist, wird es auch online abrufbar sein.