„Du Vater des Erbarmens und Gott allen Trostes“ (2 Kor 1,3)

Du Vater des Erbarmens und Gott allen Trostes“ (2 Kor 1,3)

(Anrufung aus der „Litanei zum barmherzigen Gott in der Corona-Krise“)

Nach der Adressierung (2 Kor 1,1f) beginnt Paulus den Zweiten Brief an die Korinther mit dem Lobpreis: „Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater des Erbarmens und Gott allen Trostes.“

Der Trost, von dem Paulus spricht, erwächst aus der Verbindung mit dem Tod und der Auferstehung Christi. „Wie uns nämlich die Leiden Christi überreichlich zuteilgeworden sind, so wird uns durch Christus auch überreicher Trost zuteil“ (2 Kor 1,5). Die Leiden Christi werden Paulus in den Konflikten zuteil, die er eingehen muss, weil die Verkündigung des von Rom gekreuzigten Christus ihn in lebensgefährliche Konflikte mit den Vertretern der römischen Herrschaft bringt. Davon spricht er u.a. auch in diesem Brief: „Immer tragen wir das Todesleiden Jesu an unserem eigenen Leib… Denn immer wieder werden wir, obgleich wir leben, um Jesu willen dem Tod ausgeliefert…“ (2 Kor 4,10f). So ausgeliefert ist er, wenn er seine „Ohnmacht, … alle Misshandlungen und Nöte, Verfolgungen und Ängste“ (2 Kor 12, 10) ebenso – wie es im Brief an die Römer heißt – „Bedrängnis oder Not oder Verfolgung oder Hunger oder Kälte, Gefahr oder Schwert“ (Röm 8,35) erleidet. Diese Erfahrung versteht Paulus als Ausdruck des Leidens derer, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden, wenn er nach der Aufzählung seiner Leiden mit einem Zitat aus Ps 44,23 fortfährt und schreibt: „Um deinetwillen sind wir den ganzen Tag dem Tod ausgesetzt; wir werden behandelt wie Schafe, die man zum Schlachten bestimmt hat“ (Röm 8, 36).

Am eigenen Leib erlebt Paulus das Leiden und den Tod des gekreuzigten Messias. Am eigenen Leib erfährt er, „dass wir, die wir auf Christus getauft wurden, auf seinen Tod getauft worden sind“ (Röm 6,3). Aus der Gemeinschaft mit Christus in seinem Leiden erwächst die Kraft, die hilft immer wieder neu aufzustehen und zu widerstehen. Denn die Gemeinschaft mit seinem Leiden und mit seinem Tod ist zugleich Gemeinschaft mit seiner Auferstehung. Wie wir nämlich in der Taufe „mit der Gestalt seines Todes verbunden wurden, … werden wir es auch mit der Gestalt seiner Auferstehung sein“ (Röm 6,5).

Das, was tröstet, ist die gelebte Gemeinschaft mit Christus, nicht eine abstrakt-idealistische, sondern eine leibliche und geschichtliche Gemeinschaft, die mit seinem Weg des Widerstands und darin auch mit seinen Wunden verbindet. Sie ist tröstlich, weil die Gemeinschaft mit dem gekreuzigten zugleich Gemeinschaft mit dem auferstandenen Jesus ist. In der Auferweckung hat sich Israels Gott gegenüber seinem gekreuzigten Messias als „Gott des Erbarmens und Gott allen Trostes“ erwiesen. Er hat den Schrei des Gekreuzigten gehört – das meint biblisch Erbarmen –, seinem Leben Recht gegeben und ihm alles geschenkt, was er mit seinem Namen versprochen hat. Darin dass er sich gegenüber dem Gekreuzigten als Gott erwiesen hat, der wahr macht, was er verspricht, hat er sich ihm gegenüber als „Gott allen Trostes“ erwiesen. Dabei geht es – wie Paulus deutlich macht – aber nicht um den Einzelnen, also um den Messias allein, sondern um alle. Was ihm gilt, soll allen gelten. Genau darin findet Paulus einen Trost, der nicht vertröstet, sondern widerstandsfähig macht, der wieder neu aufstehen lässt – bis für alle alles erfüllt ist, was Gott mit seinem Namen versprochen und an seinem Messias schon hat Wirklichkeit werden lassen.